Die Weltvernunft und ihre kulturelle Rolle im Zeitenwandel: Person Jesus

In Bezug auf Seneca wird nicht nur deutlich gemacht, wie unhaltbar die heutige Hypothese von einem Heilsprediger ist, der als Wort/Logos galt. Vielmehr offenbart sich in der Auswertung des heute gegebenen Wissens über den antiken Kulturwandel, wie die menschliche Ausdrucksweise von Vernunft im Namen des jüdischen Josua die ganz logische und heilsame Entwicklung in kultureller Evolution, damit wahrhafter „Christus“ war. Und welche Bedeutung dabei ein aufgeklärtes Verständnis des alten Kultes (Auferstehung) zur Überwindung des Aberglaubens an leere nationale Gottheiten (bzw. der auch heute beklagten Glaubensprobleme) für die menschliche Kulturgemeinsacht hat.

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Doch nicht nur die Glaubenskritik kippt den ursprünglichen Grund des christlichen Kultes ausDies geschieht auch, wenn heute nicht mehr auf buchstäbliche Weise gelesen, sondern jeder Schritt und jede Geschichte Jesus als nur als  theologische Aussage dargelegt wird. Und gleichzeitig dabei nur gezeigt wird, wie so alttestamentliche Hoffnungen oder Göttersagen als Erfüllt gesehen wurde. Oder dass es auch dort weder um einen Großkönig mit Namen David oder Moses als den vormals beschriebene Volksbefreier gab. So wird trotz aller Aufklärung nicht die zur Zeit Jesus theologisch diskutierte Vernunft, sondern ein Wanderprediger selbst von der Kritik vorangestellt. Auch wenn die dann nachweist, dass der  nicht das Thema oder ganz und gar nicht war.

Denn weder bei den alttestamentlichen Gestalten, noch bei den Göttern, bei denen die Kritik aufgedeckt, wie sie von Geburt über Wunder oder Wasserlauf bis zum Tod die Vor-bilder für die Jesusgeschichte lieferten, ging es nicht um Zweibeiner. Vielmehr wurden zur Zeit Senecas die Götterbilder bereits in Vernunft erklärt bzw. als deren vormaligen Ausdruck verstanden. Doch statt deutlich zu machen, warum das an Stelle der Götter tretende Wesen wirklich auf jungfräuliche Weise zur Welt gebracht wurde: Z.B. unvoreingenommen, aus unmittelbarer Natur/Schöpfung abgeleitet und dann von Mutter Kirche ausgedrückt wurde, bleibt nur ein unbedeutendes Märchen. So bezeichnen es die Schriftgelehrten dann als Wissenschaft, wenn sie nachweisen wollen, dass ein Schreibfehler aus einer fremdgegangenen jungen Hebräerin eine Jungfrau machte. Wo die Vernunft nicht bedacht wird, die damals im Sinne ihrer Vor-bilder die kulturgerechte Rolle spielen musste/menschliche Person Jesus wurde, wird im Kurz-schluss von Halbaufklärung der Grund unserer Kultur nicht nur von der Kritik mit dem Bad ausgekippt.

1111.1.Logos/Vernunft musste die Rolle der mythischen, menschlichen Göttersöhne einnehmen

Allein sich vor Augen zu führen, welche Kultfunktion/Aufgabe (Person) Oktavian als Kaiser für das Staatswesen hatte und warum man ihn aufgrund seiner wahrhaften Friedensherrschaft als Augustus sah, müsste klar machen: Bei seinem Gegenspieler kann es nicht um einen jungen Guru gegangen sein. Die christlichen Evangelien, die dem aufgrund seiner Lebensweise und Leistung als messianisch gesehenen Friedenkaiser bzw. der „frohen Botschaft“ auf ihn entgegengestellt wurden (teils gleiche Wortlaute haben), hatten unmöglich einen Wanderradikalen zum Gegenstand. Und so wenig, wie bei den römischen Kulttexten bzw. Kaiserevangelien ging es dann auch in der frohen Botschaft (den christlichen Evangelien) um eine historische Reportage. Bei der  Auseinandersetzung des biblischen Wesens mit der Tradition, der Herkunft oder der Heilswirkung als wirklichem Licht der Welt, das von Lahmheit, Taubheit befreie und vom Tod erweckt wurde, kann nur die Vernunft (hebr. Wort) das Thema gewesen sein. Eine Weltvernunft, die Augustus nicht verwirklichen konnte.

Die Hoffnung der Antike galt der Vernunft selbst. Letztlich galt ja auch das Kaiserevangelium nicht einem Guru bzw. der Vergötterung eines Menschen. Man hoffte auf Vernunft, deren Verwirklichung in der Welt die Aufgabe antiker Kaisers war. Was beim Adoptivsohn Cäsars, der 56 Jahre Hoffnungsträger für ein römisches Reich als friedvolle Republik war, noch weitgehend funktionierte. Man muss sich selbst in die Geschichte des großen Friedenkaisers hineinlesen, etwas über seine selbstlose Persönlichkeit erfahren, seine Rolle im Kult als Göttersohn bzw. realer Garant einer neuen Zeit und die Hoffnung, die Cicero in ihn setzte. Um dann zu sehen, wie absurd es ist, dass ein Theologie dieser Zeit auf die Idee gekommen sein soll, aus der frohen Botschaft vom echt „verdienten“ Augustus ein Evangelium auf einen Wanderkyniker zu machen. Die religiöse Verehrung des Kaisers nicht nur durch das Volk, sondern auch durch die Anhänger der Vernunftphilosophie, hatte ihren Grund in dessen vernünftiger Staatsführung. Politische Gottmenschen gehörten auch für die Philosophen/Theologen zum Handwerk. Doch der frohen Botschaft auf den realen Friedensherrscher und damit Hoffnungsträger kann unmöglich nur ein Evangelium entgegengestellt worden sein, das einem handauflegenden Junghandwerker galt, der als Heilsprediger oder Kyniker um den See Genezareth zog.

Und wenn klar wird, wie Oktavian so wenig der wahre Heiland war, wie heute der anfänglich nicht nur in einem Spiegel-Titel anfänglich messianisch gefeierte Obama dieser Rolle/Aufgabe gerecht werden konnte. Warum zum politischen Geschäft auch z.B. bei Marc Aurel Mord, Todschlag und Terror zu planen und zu praktizieren waren. Wie auch Augustus die Geschichte im Nacken saß, weil die alte Ordnung zwar gescheitert, aber keine neue Denkbar war, der die alte nicht als Referenz diente. Deshalb die Einkleidung der Herrschaft kein Akt mildtätiger Heuchelei, sondern politisches Handwerk war. Und wie auch die Legitimation der Autorität des Augustus als wahrer Glückbringer für die Menschheit in Zweifel gezogen wurde. Dann macht auch all dies klar, dass kein junger Jude oder eine diesem aufgesetzte Christologie an Stellte des römischen Kaisers getreten sein kann, sondern die Vernunft selbst zum Grund des neuen monotheistischen Kultes wurde. Der nach dem kaiserlichen Princep als Heiland am Horinzont auftauchende Hoffnungsträger kann in der Realgeschichte kein von einer noch nicht vorhandenen Kirche oder gar einem Wendepharisäer herausgeputzter Heilsprediger gewesen sein. Die Denker, die der Demokratie nachtrauerten bzw. Natur/Vernunft als Herrschaft verwirklichen wollten, haben nach enttäuschter Hoffnung nun keinen jüdischen Heilsprediger hochgestapelt. Wenn nach und nach die Vernunft zum Kultgrund wurde und nach Konstantins Einigungsdiktat auch im Staatskult an Stelle der menschlichen Göttersöhne trat, dann entsprach das ganz logischer kreativer Kulturentwicklung.

Wenn hier auf die als kirchliche Kultlesetexte ausgewählten Texte (Evangelien) Bezug genommen wird, die dem Kaiserevangelium entgegengestellt wurden, dann nicht, weil sie die historischen Anfänge beschreiben. Die lagen in vielfältigen Reformbewegungen, ganz verschiedenen Lehren bzw. deren Auseinandersetzung. Wie sie ja auch in den biblischen Texten bebildert ist. Doch wenn sonderbarer Weise Theologen, die genau wissen, dass die christlichen Evangelien in Konkurrenz zu den kaiserlichen verfasst wurden daraus nur einen gutherzigen Heilsprediger ableiten wollen, der mit seinen Fischerfreunden um den See zog, dann ist es die Pflicht deutlich zu machen, wie völlig absurd es ist, dass dieser theologischen Denkern dann als wahrer Heiland galt.

An der Person Senecas wird klar, wie jedoch im Hellenismus die mythischen Götter und menschlichen Göttersöhne, selbst als messianisch gesehene Kaiser wie Augustus ihre Autorität durch die antike Aufklärung/Vernunftlehre eingebüßt hatten. Und wie sie auch sonst ihrer kulturellen Rolle/Aufgabe nicht mehr gerecht wurden. Wie die Verwirklichung von Vernunft in kreativer Gemeinschaft jedoch auch nicht allein durch abstrakte philosophische Lehren der Bildungselite zu machen war, sondern erst mit einem kulturgerechten menschliches Gesicht volksgeschichtliche „Wirk“lichkeit wurde. (Der als Jesus Geschichte gewordene Glaubensgrund daher nicht nur eine „Wirk“lichkeit in natürlicher Entwicklung/Kreativität war, sondern auch in menschlicher Geschichte.)

 2. Logische Entwicklung  im Auf-erstand der Göttergestalten und leerer Gesetzlichkeit

Die Autorität der Götter, die bisher mit moralischen Fragen bzw. der Lebensführung kaum was am Hut hatten, auch wenn sie vormals für eine menschlich zu haltende Ordnung standen, war zu Seiten Senecas weitgehend verloren. Wie seit neuzeitlicher Aufklärung wieder, wurde die Welt bzw. das Werden in Vernunft erklärt. Doch die Stoa, die diese Vernunft in Leben umsetzen wollte, war kein Kult bzw. kein religiöses System. Als die Götter dann im Zuge der Reformbewegungen einiger Philosophen zu metaphysischen Wesen und damit zu Modellen der Tugend wurden, kam dies einer Revolution in der Religion der griechischen Eliten gleich. (So Paul Veyne “Die griechisch römische Religion“:) Die Römer, die stolz darauf waren, die Vorschriften der Götter peinlich genau einzuhalten und deren Staat so zusammengehalten wurde, hatten den Grund ihrer Kultur verloren. Auch wenn die Götter nur literarische Gestalten waren, so konnte die abstrakte Stoa die Gefühle und Emotionen, die von ihnen ausgingen, nicht mehr geben.

Man muss sich in die Rolle (Aufgabe, Funktion) der Götter im römischen Staatswesen hineindenken, um den Rollentausch bedenken zu können. Ein Kulturwandel, der sich dann in philosophischen Systeme zeigt, bei denen Moral und Naturgesetze zusammenflossen. Ebenso wie z.B. in Hesiods Theater, wo Gerechtigkeit und Jahreszeiten, Ethik und Natur Rollen spielten. Und wo Zeus als oberster Vater aller bereits in Vernunft erklärten Götter galt. Bis dann zum   Kult auf die Vernunft selbst, die anfänglich nur literarisch, hoheitlich umschrieben, allenfalls z.B. als Lamm oder Fisch zu sehen war. Und dann im Lauf der Jahrhunderte doch wieder den menschlichen Bildern in Art eines Gottersohnes geopfert werden musste, weil das die Voraussetzung für weitere kreative Entwicklung in westlicher Kultur war.

Wenn in der Antike die Frömmigkeit des Einzelnen die Voraussetzung für das Überleben aller war, so gründete doch  bereits das römische Götterpantheon auf Vernunft. Von Asklepios, der für die nun naturkundlich betriebene Heilkunst stand, bis zu dem nun in kosmischer Ordnung erklärten Himmelsgott Jupiterauf als Schirmherr der Stadt oder der Liebesgöttin Venus, die sich in menschlicher Lust und der Logik des Lebens erklärte. Die Götter waren der Spiegel einer übergeordneten Kausalität, die philosophisch erklärt und politisch zu verwirklichen war.

Zwar wollten die Christen von den paganen Göttern nichts mehr wissen, weil der für sie geltende Grund allen Seins den Anspruch erhob, die vielen nationalen Gottheiten zu ersetzen. Was auch die bisher auf das jüdische Volk begrenzte unsagbare Gottheit überstieg, von dem die Gesetze der Tradition ausgingen. Doch die Betrachtung Senecas belegt die logische Entwicklung, nach der der monistisch-pantheistische Monotheismus dann die zum Selbstzweck gewordene jüdische Gesetzlichkeit, ebenso wie die in hellenistischen Göttersöhnen bezeugte Vorstellung auf neue, echt universal gültige Beine stellte: Wie in einem aufgeklärtem Verstand des Alten Auferstehung war, das nun für alle Welt galt. Bei der die Vernunft als ewiges Wort nicht mehr nur Grundlage der philosophischer Verhaltenslehren war, sondern von einem unsagbaren/unvorstellbaren schöpferischen Grund ausging, der an Stelle der menschlichen Nationalgötter trat. Wie die Vernunft aber nicht die Rolle/Aufgabe (Person) diesen im bildlosen Monotheismus unsagbaren Grundes einnahm. Auch wenn sie in kulturbekannter menschlicher Gestalt zum heilbringenden Hoffnungsträger wurde, der logischerweise Heiden wie Juden bzw. auf nun echt universale Weise galt.

Nicht nur die gern gelesenen römischen Geschichten, die Welttheater einer Wendezeit machen die Zweifel an der Existenz und Bedeutung der traditionellen Gottheiten oder göttlicher Vorsehung mehr als deutlich. Auch die Geschichte offenbart, wie die Philosophen die ihnen geltende Vernunft/Logik in ihren Romangeschichten oder im theologischen Theater zwar als Göttersöhne auftreten ließen, sich jedoch gleichzeitig auf theologische Weise mit dem Kulturwandel auseinandersetzten. So zeigt sich, wie die Zeit der Götter am Auslaufen war, die kultische Verehrung von menschlichen Göttersöhnen (incl. Kaiser) kaum noch was brachte. Das Ringen zwischen traditioneller Religiosität und der nun durch die Natur/Vernunft vorgegebenen Gesetze war Thema der Theater und theologischer/philosophischer Überlegungen. So war es entsprechend der allegorisch verstandenen jüdischen Geschichte vom bildlosen Grund allen Seins mehr als logisch, sie später als Josua, lat. Jesus zur Welt zu bringen.

Nicht nur die zum tauben Selbstzweck gewordene jüdische Gesetzlichkeit, auch die römische Religiosität, erlahmte Götter die nichts mehr zu sagen hatten und sich somit auch um die Belange der Menschen nicht kümmern konnten, war zu einem existenziellen Problem geworden. Die ganz natürliche Entwicklung rief nach Erneuerung des Aber-glaube. Die Schönheit der gesamten Natur, die in Vernunft erklärte natürliche Schöpfung der Welt standen auch für die philosophisch gebildeten Kaiser in Konkurrenz zu den traditionellen Gottheiten, die sie repräsentieren sollten.  Im universal geltenden Sohn des neuen Zeitalters nun einen jungen zum Logosgott erhobenen Zimmermann sehen zu wollen, ist daher Wahnsinn. Und diesem wird derzeit leider alles wachsende Wissen geopfert. Denn auch Historiker, denen nicht nur die Vernunft antiker Hochzivilisation hoch und heilig ist, lassen getreu der heutigen Hypothese selbst dann einen Heilsprediger am Anfang stehen, wenn sie nachweisen, dass es um den nicht ging. (Selbst wenn die hier gezogenen Schlüsse zur Kulturentwicklung oder den nach wie vor im aufgeklärten Verständnis not-wendigen Kultbildern nicht geteilt werden: Die Hypothese eines am Anfang stehenden historischen Heilspredigers, die das Weltbild der westlichen Welt bestimmt, ist hinfällig. Am Anfang stand die Vernunft, die der aufgeklärten Welt hoch und heilig ist, aber nicht gehalten wird.)

Gerade mit Blick auf die Aufgabe von Augustus und die ihm folgenden Kaiser lässt sich erkennen, wie die Vernunftwirklichkeit bzw. noch so logische philosophische Lehren (Logos) auch eine menschliche Ausdrucksweise brauchten. (Und wenn heute selbst die aufgeklärten Amerikaner, die als älteste Demokratie nie eine Monarchie kannten, regelmäßig altbekannte Gesichter von Familiendynastien nach Art des Glamour und des alten Glanzes wählen, statt Inhalte und Programme. Und ähnlich die rationalistischen Deutschen, die über den Königinnenkult der Engländer lachen, doch dem Kopf der Kanzlerin oder anderen menschlichen Personen mehr vertrauen, als Parteien. Dann brauchen sich auch die alten Griechen nicht zu verstecken, dass die Vernunft ein kulturbekanntes, vertrautes menschliches Gesicht brauchte.)

3. Vernunft war und ist nur im aufgeklärten Verstand der alten Bilder zu verwirklichen

Am antiken Geschehen lässt er dabei lernen, wie auch heute emotional ansprechende altbekannte Bilder im aufgeklärten Verstand notwendig sind. Wie jedoch mit ideologischen Köpfen der beliebigen Wählermehrheit so wenig Vernunft im Volk zu machen ist, wie mit menschlichen Gottes- bzw. Jesusvorstellungen, die ihrer schöpferische/kreative Autorität in rationaler Welterklärung verloren haben. Und wie Vorstellungen, die nicht in Vernunft/Logik zu erklären sind, sondern nur Aberglaube bewirken, das Gegenteil von gemeinsamer Vernunftwirklichkeit sind.

Die antike Geschichte zeigt, warum auch heute ein aufgeklärtes Verständnis des Alten bzw. Auferstehung angesagt ist: Die heute auf Weltkonferenzen oder bei ganzheitlicher Betrachtung auch für das persönliche Wohl maßgebende Vernunft/Weisheit (Wiki) erst durch ihren Verstand als das historische Weihnachtskind  zu einer maßgebenden Vernunftwirklichkeit wird, die zur Zeitenwende durch Könige und Götterbilder nicht mehr zu machen war. Und für die heute Parteiprogramme oder humanistische und ökologische Ideologien ebenso zu kurz greifen, wie damals rein philosophische Lehren.

Der Glaube an die Götter war selbstverständlich. Denn die Götter mussten nicht im heutigen Sinne bewiesen werden. Sie waren kulturelle Wesen, die von den Philosophen in Vernunft begründet wurden. Den Gebildeten der Antike war klar, dass der philosophisch bedachte Urgrund einen kulturgerechten Ausdruck benötigt, was für sie die Götter waren. Bereits ihre Religiosität gründete auf Vernunft, die sich in poetischen Erzählungen und Mythen ausdrückte. Die Frage antiker Aufklärung, ob die Welt ein Werk der Götter sei oder auf natürliche Weise entstanden, stellte sich weder für Seneca, noch für Sokrates. Bereits in dessen Namen wurde erklärt, wie die Existenz der Götter und ihrer göttlichen Einrichtungen durch ihre Zweckmäßigkeit für Körper und Kultur erklärt. Zwar stand die Bedeutung der Bilder für das Begreifen des Volkes im Vordergrund. Doch auch der geistigen  Elite waren diese heilig: Aus vernünftigem Grund. Auch wenn die Götterbilder menschlicher Phantasie entsprangen, ihre Geschichten reine Literatur waren, so waren weder die Bilder, noch die zugrunde liegende Logik eine Glaubensfiktion im heutigen Sinne. Und noch weit wenig war die Kultformen, die nun dem Logos selbst galten, d.h. der sinnvollen kreativen Wirklichkeit nach kausalen ewiger Vernunft-Prinzipien eine Glaubensfiktion.

Denn als die antike Naivität vorbei, die Vernunft an ihre Stelle getreten war und die Denker die Anthropomorphismen nicht nur allegorisch interpretierten, sondern sich darüber lustig machten, war es Zeit, den Logos, die Vernunft selbst zum Grund des Kultes zu machen. Damit entstanden vielfältige Erkenntnisbewegungen, die einen neuen monotheistischen Kult begründeten, dem keine Opfer mehr zu bringen waren. Doch auch wenn die Speiseopfer wegfielen. Dem menschliche Bild des neuen Kultgrundes, der dann im Kurz-schluss von Halbaufklärung der Neuzeit zum Heilspredigers wurde, wird die Vernunft geopfert.

Ohne eine historische Person wäre weder ein Kulturwandel, noch die Entwicklung der christlich-westlichen Welt  bis zur Aufklärung gewesen. Wie gezeigt, war es die Voraussetzung des Erfolges, dass der neue Kult auf eine historische Persönlichkeit gründete, die in die Fußstapfen der Götter und Kaiser ebenso wie jüdischer Vor-bilder trat. Doch ohne die Person in aufgeklärter Weise in zeitgemäßer in Vernunft zu verstehen, bleibt nur noch Aberglaube. Wer seine Kultur in menschlichen Bildern von imaginären Gottheiten begründet oder sich gar auf die Autorität zweibeiniger Mittlergestalten (nicht nur Mohammed) beruft, der braucht sich nicht über das zu wundern, was derzeit nicht nur auf dem afrikanischen Kontinent im Namen Allahs auf terroristische Weise geschieht.

4. Die Bedeutung der Kaiser und des nun für alle Völker gültigen König

Die Bedeutung des Königskultes für das antike Staatswesen ist heute schwer verständlich. Auch wenn in den Geschichtsbüchern darauf verwiesen wird. Wo Filme von Saufgelagen tyrannischer römischer Kaiser, heutige Monarchien bzw. Königsgeschichten aus Illustrierten oder selbstherrliche königliche Diktatoren das Bild prägen, ist die Rolle, die der Kaiser im Kult für die Integration des Volkes zu einem Staatswesen und damit das gesamte Leben spielte, kaum begreifbar. Ohne die Kultautorität des Kaisers wären auch keine militärischen Siege, kein römisches Reich gewesen.

Welche Rolle der römische Kaiser vor Christus als Kultpersönlichkeit für die Funktion des Staatswesens bzw. die Entwicklung Kulturen hatte, ist in einer Zeit, bei der Religion zur Privatsache geworden ist, kaum klar zu machen. Denken heute ja selbst erzgläubige Kirchenanhänger, die sich für die Glaubensformel im europäischen Parlament stark machen, nicht wirklich an die staatstragende Bedeutung ihres Kultes. Selbst dort, wo man von  der französischen Privatisierung des religiösen Kultes weit entfernt ist, kann daher kaum der Rollentausch im Zeitenwandel bedacht werden, bei dem die kreative Vernunft im Kult an Stelle des Königs trat, dieser nach Konstantin nur noch Staatslenker war. Denn wo z.B. Religionswissenschaftler die christliche Kultur nur noch wegen der größeren Kinderzahl bei Religiösen als evolutionstauglich begründen, allenfalls die moralisierenden Rolle oder die Bedeutung fürs persönliche Wohl- bzw. Glaubensgefühl betrachtet wird, kann man auch kaum erfassen, welche Rolle die christliche Vernunftgestalt damals als wahrer König hatte. Denn wenn in der Antike Könige zum Tyrannen, statt ihrer Rolle, Natur/Vernunft im Volk zu verwirklichen gerecht wurde, dann verweist dies nur auf den notwendigen Kulturwandel.

Auch der Blick in die Globalisierungsgeschichte des römischen Reiches macht klar, warum im Kult eine universale Gültigkeit gebraucht wurde, die alte Grenzen übersprang. Mit Nationalgöttern (nationalistischen Vorstellungen) und begrenzten Kultfiguren war so wenig Weltvernunft zu machen, wie sie heute allein durch Brüderlichkeitsparolen und Predigten der nationalen Parteien und Pfarrer zu verwirklichen ist. (Um es nicht aus dem Blick zu verlieren: Nichts wäre für diese notwendige Universalisierung untauglicher gewesen, als der der heute als historisch gehaltene jüdische Heilsprediger, der dann nationalreligiös verherrlicht und als für Griechen und Juden gültig erklärt worden sein soll.)

5. Warum die Vernunft im Kult zum Kaiser wurde

Allein die Tatsache, dass die sog. Christen, die sich weigerten, weiter den Kaiser kultisch zu verehren als staatsfeindlich verfolgt, gefoltert oder getötet wurden zeigt die Bedeutung, die im damaligen Denken dessen Kultpersönlichkeit hatte. Der Kult, an dessen Haupt ein Kaiser stehen musste, war die Voraussetzung für die Funktion des römischen Staatswesens. Auch wenn Bildungsbürgern wie Cicero oder Seneca klar war, dass es bei den Kaisern nur um ganz normale Zeitgenossen ging, die mit dem monistisch in Vernunft erklärten schöpferischen Geschehen nichts am Hut hatte. Wer dem Kaiser den Kult verweigerte, es vorzog der kreativen Vernunft zu dienen, diese an Stelle der Göttersöhne zu setzen, wurde bekanntlich bis kurz vor Konstantin wegen staats- und damit lebensfeindlichem Atheismus noch gekreuzigt.

Mit Menschen, die heute wegen ihres traditionellen Glaubens verfolgt werden oder darunter zu leiden haben, hatte die Christenverfolgung auf jeden Fall nichts zu tun. Und noch weniger kann bei dem damals durch alle Traditionshörigkeit nicht aufzuhaltenden Rollentausch ein Wanderkyniker bzw. der, der heute als historischer Jesus gehandelt wird, die Kultfunktion des Kaisers übernommen haben. Einen wundertätigen Wanderkyniker oder sonstigen Religionsrebellen dann auch noch als die Wahrheit, Licht der Welt bzw. Vernunft anzusehen oder die beschriebene Hoffnung in ein reines Glaubenskonstrukt zu setzen, das würde selbst dem Fass des Diogenes den Boden ausschlagen. Das ist völlig ausgeschlossen.

Wenn hier überlegt wird, was damals der Mehrwert Jesus gegenüber dem römischen Kaiser und warum der Kulturwandel angesagt war, dann geht es nicht mehr um das Märchen vom mehr oder weniger göttlichen Wanderguru, der gegen den selbst von Juden als Messias gesehenen bzw. verkündeten ( evangelisierten) Augustus ins Rennen geschickt worden sein soll. Was völlig absurd ist. Hier wird bedacht, warum die Zeit auch für die hellenistische Welt gekommen war, die Vernunft selbst in die Rolle/Aufgabe einzusetzen, die bisher menschliche Herrscher und mythische Göttergestalten hatten. Mit denen aber die Weltvernunft so wenig mehr verwirklicht werden konnte, wie das heute mit noch so messianisch gefeierten Präsidenten und allein menschlichen Ideologien (ob grün, rot…) möglich ist. Solange jedoch der Kult zum persönlichen Selbstzweck des Aberglaubens außerhalb des wissenschaftlichen Weltbildes geworden ist, kann er nicht zur Weltvernunft beitragen.

Sarkasmus der sein muss:

Nein, Nein, Nein: Warum Jesus der wahre König war, muss nicht in Realgeschichte bzw. Kulturentwicklung belegt werde. In der archäologische-wissenschaftlichen Zeitschrift „Welt und Umwelt der Bibel“ des kath. Bibelwerkes 4/2014 „Die Ordnung der Sterne“ ist der glatte Wahnsinn nachzulesen, der bei heutiger Hypothese hinten herauskommt: Weil der einem später Matthäus zugeordnete Kultlesetext einen Morgenstern bzw. Messiasstern beschreibt und sich bei astronomischen Verbiegungen die Möglichkeit eines Himmelserscheinung nicht ausschließen lässt, soll ein junger Jude der wahre König gewesen sein. Nur um den heutigen Aberglaube aufzuzeigen: Bei der Schriftgelehrtheit spielt es keine Rolle, wie die Kult-Funktion der Kaiser in Geschichtsrealität auf nun universale Weise verwirklicht wurde. Eine möglicherweise doch nicht auszuschließende Himmelserscheinung ist der Beweis, dass ein junger Mann der wahre Messias war und damit auch Offenbarung des einen wahren einen Schöpfergottes. Geht’s noch???

Was muss man tun, damit die Theologen, die im Themenheft über die theologische Bedeutung der Ordnung der Sterne Seite für Seite deutlich machen, wie die zur Zeit Jesus erstmals natürlich erklärte kosmische Ordnung, der Blick aufs kreative Ganze, für den jüdischen und dann den christlichen Kult maßgebend war, über ein Wesen nachdenken, das nicht menschlicher Machart ist. Selbst wenn sie gleichzeitig auch deutlich machen, wie alle Aussagen über die Weisen aus dem Morgenland oder den Messiasstern theologische zu deuten sind, hängen sie an einem Heilsprediger, der angeblich als Messias verherrlicht wurde. (Doch alle Klage hilft nicht, nur Aufklärung kann Aberglaube beseitigen.) 

6. Erfüllung des Wortes: verwirklichte Vernunft in kreativer Kulturentwicklung

Die Schriftgelehrten sprechen in der wissenschaftlichen Zeitschriften der kath. Bildung von der Erfüllung des Wortes. Weil angeblich einem jungen Guru der Messiasstern angeheftet wurde, der auch bei der Geburt von Zeus, Apoll, Cäsar, Augustus bis Constantinus II aufging. Doch hier wird an Seneca klar gemacht, wie die Zeit, das Wort (hebr. Vernunfthandlung) erfüllt war. Warum die in universal gültiger Vernunft erklärte kreative Wirklichkeit die Rolle der griechisch-römischen Götter und ihrer irdischen Vertreter, deren Geburt bisher von den Sternen angekündigt wurde, übernehmen musste. Wie dies somit die echte Erfüllung war, die von einem unsagbaren Grund allein Seins ausging, dem keine Opfer mehr zu bringen, sondern dessen Wort (Vernunfthandlung) zu hören und zu erfüllten war. So lag es auf der Hand, dass sich aus vielfältigen jüdisch-griechischen Reformbewegungen der Christus-Kult entwickelte, bei dem die Vernunft die schöpferische Autorität hatte. Somit im Kult ein König galt, der nicht mehr nur auf den traditionellen römischen Staat begrenzt war und damit der globaleren Zukunft des römischen Reiches gerecht wurde. Der dann bekanntlich auch von den naturvergötternden Stammesfürsten des germanischen und weiteren Westens als Bundesgenossen abverlangt wurde. (Warum allein das Wissen um die Christianisierung Europas die heutige Hypothese vom herrlichen Heilsprediger kippt, wird an anderer Stelle deutlich gemacht.)

7. Theologen zeigen das Neue Testament als Weiterdenken antiker Welterklärung

Die Zeiten, in der das römische Reich dem Christentum als feindlich gegenübergestellt wurde, sind vorbei (so auch ein kath. Theologe in „Conicilium“ Dez. 2014 über Korruption, der dabei in Bezug auf Seneca im Naturrecht den gemeinsamen Nenner sieht). Und wenn heute die Neutestamentler in ihren wissenschaftlichen Zeitschriften deutlich machen, wie die hellenistische Philosophie die Grundlage der gesamten Christologie und nicht nur der christlichen Verhaltenslehren ist, dann müsste eigentlich alles gesagt sein. Und doch wird das Bild des guten Jungen so selbstverständlich vorausgesetzt, dass keiner der Autoren, von denen jeder auf andere Weise in der „Zeitschrift für Neues Testament“ Dez. 2014 den hellenistischen Hintergrund des christlichen Glaubens klar macht, an einem Wanderguru zweifelt. Allein wenn Christian Strecker über die griechische Lebenskunst im Corpus Paulinum schreibt, macht er deutlich, wie es dort nicht um einen hellenistisch hochstilisierten Guru, sondern das Vernunftvermögen ging. Durch das der Mensch sich selbst bzw. sein Eingebundensein in ein kreatives Weltganzes verstand, dem er statt der Götterbilder verantwortlich war. Die nachgeblätterte Lebensänderung ging weder bei Paulus, noch in der Philosophie von den Forderungen irgendwelcher Heilsprediger aus. Das Christentum hat sich nicht rein zufällig geistige Übungen und Lebenslehren der Stoiker einverleibt. Wer sich bei der Paulusuntersuchung auch auf den „Religionsphilosophen Philon von Alexandrien“ bezieht, der macht doch selbst klar, dass der dort, d.h. auch in jüdischer Bildung geltende Logos (die in  Vernunft erklärte Natur/Schöpfung) das theologische Thema war.  Die den Stoikern unterstellte Leidenschaftslosigkeit, die die vom Ego und gierigen Trieben befreien sollte, wollte das Leben dem Logos unterstellen, der christlich Jesus heißt. Die gesamte Theologie, die der Neutestamentler bei der Stoa analysiert und mit der christlichen Lehre vergleicht zeigt, dass die Therapie hier wie da von Vernunft ausging. Mit der Lehre eines jungen Juden, der als Christus galt, hat das alles nichts zu tun. (Warum Jesus über die teils zum Selbstzweck gewordene taube traditionelle Gesetzlichkeit hinausging, lässt sich so nicht in Paulustexten begründen, die vor Jahrzehnten als Ende des jüdischen Traditions-Gesetzes galten und heute Paulus wieder in Judentum heimholen wollen. Und allein das Wissen um die Vernunftbegründung der auch im Neuen Testament nachzulesenden Verhaltenslehren macht es völlig absurd, diese heute aus biblischen Texten herleiten oder gar  nach dem Willen eines Wanderpredigers fragen zu wollen. )

Im kirchlichen Kultlesetext bzw. Kanon finden sich logischerweise weder naturwissenschaftliche Betrachtungen, noch Ciceros Überlegungen zur Ursache menschlicher Gier bzw. den Leiden-schaften, wie sie heute die Evolutionsbiologie als im Ursprung kreativ deutlich macht. Nicht allein, wenn sie den Hunger nach Fett und Süß erklärt, der einst evolutionär sinnvoll war (kreativer Vernunft entsprach), heute jedoch zur Volkskrankheit führt. Der Kulttext (ob die frohe Botschaft von Augustus als Heiland oder im christlichen Sinne der Vernunft selbst) setzte das wissenschaftliche Denken bzw. die zeitgemäße Philosophie voraus.

Die stoische Selbstbeherrschung, die im Neuen Testament auf andere Weise, als Lehre Jesus nachzulesen ist, umfasste alle Lebensbereiche. Und weder war sie am Selbst ausgerichtet, noch sollte sie dem dienen. Als Selbsterkenntnis galt die Kenntnis in ein kreatives Ganzes eingebunden zu sein. Das Selbst (und längst nicht nur dessen Lebens- bzw. Sexualtrieb) sollte einer von Schöpfung ausgehenden Vernunft unterstellt werden. Daher wundert es nicht, wenn heute vieles, was nicht nur bei Paulus im Namen des Herren Jesus Christus gesagt wird, auch in der griechischen Philosophie zu lesen ist. Was wundert ist nur, wie die Hochschullehrer, die die gemeinsamen geistigen Hintergründe der Lebenslehre oder die kosmologische Bedeutung der Christologie im Detail beschreiben,  an der Hypothese von einem hingerichteten Heilsprediger festhalten wollen. Dann ähnlich auch in Paulus nur einen gewandelten Sektenverfolger sehen. Doch all das, was sie bei Paulus und der Philosophie der Zeit Jesus zusammenlesen,  ist nicht durch einen jüdischen Heilsprediger oder Halluzinationen hervorgerufen, die ein dann gewendeter Pharisäer etwa durch den Sturz vom Pferd vor Damaskus hatte. (Wie sonst meist die Bekehrung eines Sektenverfolgers der sich jetzt Paulus nannte begründet wird. Und  im Kurz-schluss ähnlich auch, wie religiöse Gefühle zur Verherrlichung eines Heilspredigers führten.)

Und wenn gedeutet wird, dass all das, was die Philosophie anstrebte, bei Paulus bereits als vollbracht angesehen wurde, dann zeigt auch dies, dass der Herr Jesus die Vernunft in Person war.  Nur in der nun zum Kultgrund als Christus verstandenen Vernunft lässt sich erklären, wie die philosophischen Forderungen als vollbracht verstanden wurden.  Mit einem charismatischen Wanderkyniker und seinem Verfolger, der zum Anhänger wurde, kann das nichts zu tun gehabt haben. „Das Anziehen Christi“ in der Taufe war kein totes Ritual. Es galt weder einem Guru, noch war es der Glaube an eine durch das Gesetz vorgegebene Gottheit oder Gesetzlichkeit bzw. Traditionshörigkeit im Sinne von Toragehorsam. Wer diesen Kulturwandel im Licht des damaligen Denkens und Diskutierens betrachtet, gar mit Sloterdijks Selbstbildung des Humanen, damit heutiger Philosophie in Verbindung bringen will, wie kann der weiter einen wundertätigen Junghandwerker als historischen Grund all dessen annehmen wollen? Paulustexte ignorieren weder den historischen Jesus, noch die Schlüsselterminologie der antiken Lebenskunst. Auch wenn in den Paulustexten nicht die philosophischen Begriffe gebraucht werden. Wenn in der theologischen Briefliteratur des neuen monotheistischen Paradigmas vom neuen Menschen in Christus geschrieben steht, dann wurde dort kein Heilsprediger hochleben lassen, sondern die geschichtliche Wirk-lichkeit der Vernunft in Person beschrieben. Damit wurde auch nicht eine für eine vom historischen Jesus unabhängige Lehre bzw. ein fiktives hoheitliches Wesen als eine Art Christus-Gott eingesetzt, wie oft unterstellt wird. Es ging auch in der jetzt mit Paulus unterschiebenen Theologie um die Weltvernunft, die Johannes, vorstellt. Die in Vernunft erklärte kreative Wirklichkeit, die den gesamten Kanon bestimmte, in menschlicher Person  (Rolle/Aufgabe) Christus, reale Rettung war. Kein Satz im gesamten Corpus Paulinum ist ohne dies ernsthaft zu begründen. Es ging um Gnosis, Erkenntnis des Selbst als Teil des in Vernunft erklärten Gesamten. (Wir sprechen von Gott, durch den alles ist. Auch wenn es dann leider nicht mehr um den unsagbaren Grund aller Kreativität geht, der alles aus sich hervorbringt, sondern ein vorgesetztes Gottesbild. Und damit Paulus – ein neues Paradigma, das die menschlichen hellenistischen Götter ebenso wie jüdische Traditions-/Gesetzeshörigkeit hinter sich ließ -  auf den Kopf gestellt wird.)

8. (K)ein Witz: Jesus als Hund, Wanderkyniker

Während in Athen oder Alexandrien die Vernunft den Ton angab, wie sie im Kanon bzw. Kultlesetext das theologische Thema war und bebildert ist, sehen viele Neutestamentler aufgrund dieser Bilder Jesus als Wanderkyniker. Eine Art Diogenes in der Tonne, im damaligen Sprachgebrauch auch „Hund“.

Doch der Wanderkyniker, zu dem auch Bernhard Lang in der aktuellen neutestamentlichen Zeitschrift, wie in Büchern oder bei kirchlichen Bildungseinrichtungen Jesus machen will, ist angesichts dessen, was wir über die Zeit, wie die Bedeutung des später Jesus genannten Christus für das anfängliche Denken wissen, ein schlechter Witz. Wobei das Buch des Theologen „Jesus der Hund“ sehr zu empfehlen ist. Denn wenn er wie im ZNT-Beitrag deutlich macht, wie in Jesus zwei Kulturen zusammenfließen, die traditionelle jüdische Kultur und die praktische Philosophie der hellenistischen Welt. Oder wenn er Jesus als asketischen Philosophen vorstellt und die christliche Ethik aus griechischer Philosophie ableitet. Mit jedem Bezug Jesus zur griechischen Theologie, wie sie Seneca & Co. galt und auch von Kynikern (Zynikern, Aussteigern: zurück zur Natur) auf radikale Weise verwirklicht werden sollte, macht er klar: Der wahre Grund des christlichen Kultes war kein Kyniker. Denn wenn wie deutlich gemacht die antike Natur-/Vernunftlehre auch die biblischen Prediger oder Kohelet bzw. die Stimme Salomos bestimmte, dann galt auch dort nicht die Lehre eines jungen Asketen, sondern das, was zur Zeitenwende als Logos das theologische Thema war. Ohne die damals teilweise noch mystisch erklärte, jedoch jetzt wissenschaftlich definierte Vernunft aller Natur/Schöpfung, incl. Kulturgeschichte, war weder ein Kyniker, Kohelet, noch der neutestamentliche Kanon oder die Kirche zu machen. Ohne den im natürlichen Werden erkannten Logos/die sinngebende Vernunft, die bei Christen Jesus heißt, bliebe auch heute nur leerer Windhauch. (Lang übersetzt „Dunst und eitles Wahngebilde“.) Was nach seiner „Gott sei Dank“ aufgrund des gegebenen Wissens unhaltbaren Hypothese vom wohlhabenden, griechisch als Kyniker geschulten jungen Juden, die Christologie gewesen wäre. Doch selbst wenn Lang dann auf Bethlehem als bei Josua erwähnten Geburtsort verweist. Dann verweist er auf die königliche Weisheit in Gestalt Davids, bei deren Person es auch nicht um das gegangen sein kann, was als Sohn eines Bauarbeiters hingestellt wird, der zum Wanderkyniker ausgebildet wurde.

Dem Theologieprofessor ist zuzustimmen: „Ohne Griechischkenntnisse, ohne Kontakt zu kynischem Gedankengut, ohne die hellenistische Kultur Galiäas sind Jesus und seien Anhänger nicht zu verstehen.“  Warum gerade die ursprünglich auch die Stoa hervorbringende kynische Lehre und Lebensart weit mehr als sein römischer Luxusadel die Vorlage für die Vernunft in Person lieferte, soll Seneca später noch selbst sagen. Auch wie wahnsinnig die Unterstellung ist, dass ein Wanderkyniker zum lebendigen Wort, Christus wurde, der nun statt Tora, Tempel oder griechischer Tradition den neuen gemeinsamen Monotheismus und die davon ausgehenden Lebenslehren begründete.

9. Verwehrtes Personsein

Von „Verwehrtes Personsein“ handelt der dann folgende Aufsatz in ZNT. Und damit trifft, ohne es zu ahnen, die amerikanische Theologieprofessorin dem eigenen bzw. heutigen Nagel voll auf den Kopf. Sie zeigt, wie die Wahrnehmungen der Realität stets durch kulturell vorgegebene Kategorien gefiltert werden. So die Wahrnehmung überall dort eingeschränkt ist, wo keine passende Beschreibungskategorie vorhanden ist. Und wie man dann keine Wahrnehmung von etwas hat, obwohl es einem buchstäblich vor Augen steht. Das trifft genau die heutige Situation: Da das Bild des Wanderpredigers unsere Wahrnehmung bestimmt, wird nicht nur das Geschichtswissen über die hochtheologischen Vernunftdiskussionen in antiker Hochzivilisation des Hellenismus verdrängt, sondern auch das Wissen um die biblisch bebilderten Bedeutungsinhalte, das „buchstäblich“ vor Augen steht. Und da mit der antiken Logoslehre im christlichen Sinne meist nur eine vergeisterte Christologielehre verbunden wird, die auf geheimnisvolle Weise einem Junghandwerker aufgesetzt worden sein soll, ist an das, was Seneca & Co. damals als Natur bzw. weltvernünftig galt, nicht zu denken. Wo der Logos nur als eine Art Ersatzbegriff für unser Gottesbild gilt, allenfalls eine philosophische Vernunftspekulation, ist  auch nicht an das zu denken, was heute als weltvernünftig im Sinne des Ganzen, der kreativen Gestaltung von Zukunft vor Augen steht. Auch wenn Judith Perkins das Problem der Wahrnehmung bzw. des Kulturbruches mit der Philosophie der Kaiserzeit bzw. der Stoa in Verbindung bringt. Oder wenn sie nachvollzieht, wie das klassische Subjekt einer neuen Subjektivität Platz macht und ein Nachdenken über das Selbst begann, das in philsophische Seelsorge mündete und sich auf Seneca, Cicero oder Epiketet bezieht. Und wie diese erkannten, dass die Welt einer kreativen kosmischen in Vernunft erklärten Ordnung untersteht.  Diese nun als natürlich/logisch erkannten bzw. in Vernunft erklärten Prinzipien allen Werdens mit dem in Verbindung zu bringen, was nach christlicher Kultur den Zeitenwandel ausmacht bzw. dessen menschliche Ausdrucksweise (Person) an Weihnachten gefeiert wird, das wird durch die kulturelle Vorgabe verwehrt. (Nebenbei:  Die Natur/Vernunft wäre ja auch für den angeblichen Wanderkyniker maßgebend gewesen, zu dem die Theologen Jesus bzw. den Grund des neuen bildlosen Monotheismus machen wollen.)

Wo ein vergotteter Guru unsere Vorstellung bestimmt, kann auch der Geisteswandel im gesamten antiken Denken nicht im christlichen Sinne bedacht werden. So wird der Vernunft die christliche Person verwehrt. Auch wenn die Rolle klar gemacht wird, die damals der Mensch spielte. Oder wie der antike Mensch in der Stoa einer schöpferischen/göttlichen Bestimmung folgte. Und die Rolle des griechischen Romans und ihrer Gestalten verdeutlicht wird. Bei heutige Kulturhypothese vom Heilsprediger, der das Maul aufgerissen hat oder dem alttestamentliche und hellenistische Literatur in den Mund gelegt worden sein soll, wird die Person (Rolle/Aufgabe) verwehrt, die den vorangegangen volksverständlichen Vorstellungen gerecht werden musste. Damit kulturvernünftige  Ausdrucksweise war, ohne die alle Erkenntnis/philosophische Vernunft nicht zum notwendigen Kulturwandel geführt hätte, nur Schall und Rauch geblieben wäre. Auch wenn alle Beiträge in der wissenschaftlichen Zeitschrift mehr als deutlich vor Augen führen,  wie das antike Denken einen Wandel brachte, der auch im Neuen Testament nachzulesen ist und der götterfrei als kriminell galt, so wird getreu der Lebenslehre der Lehrer ein junger Guru vorgegeben. Und damit lässt die heutige kulturelle Vorgabe die gesamte Christologie als religiöses Bla, Bla eines Aberglaubens erscheinen.

Wenn im folgenden Beitrag der ZNT über die philosophischen Einflüsse im Neuen Testament eine junge Theologin die Welt im Glauben lässt, Johannes habe in seiner Theologiegeschichte vom Logos in menschlicher Person nur die Göttlichkeit eines jungen Guru bezeugt, dann muss das doch langsam Schmerzen verursachen. Prof. Kobusch, der anschließend deutlich macht, wie sich Freiheit und Verantwortung in der frühen christlichen Philosophie von anderen philosophischen Richtungen der Zeit unterscheidet, ist sicher zuzustimmen. Die christliche Lehre war ein Weiterdenken, ist nicht bei philosophischer Bildungslehre stehen geblieben. Doch wenn sich Justin, der heute als erster Verfasser christlicher Texte gilt, gegen den stoischen Determinismus wendet, menschlichen Willen und Verantwortung in den Vordergrund stellt, dann hat ihm auch das kein Wanderprediger ins Ohr geflüstert, den er als Logos hellenisiert hätte. Auch wenn Justin die menschliche Person betont, so ist der Logos das Thema. Deutlicher als Justin, dessen Texte als erste Schriftzeugnisse gelten, kann man kaum machen, dass die in aller Natur wie Kultur erklärte Vernunft der Grund der christlichen Theologie war.

Wer sich in seiner Argumentation dann auch noch auf Philo von Alexandrien beruft, von dem anerkannt ist, dass es in seiner (von der Kirche fortgesetzen) Christologie um das ging, was den Philosophen als Vernunft galt, sagt doch eigentlich alles. Auch wenn aufgrund der kulturellen Vorgabe durch die Lebenslehren der Lehrer von jedem der in ZNT oder sonst schreibenden Theologen (beispielhaft wurden hier verschiede aktuelle theologische Publikationen aufgegriffen) das Gegenteil angenommen wird: Nur ein junger Guru als Gott gilt und damit das Gegenteil von Vernunft in kreativer Entwicklung bewirkt wird.

10. Alle biblisch beschriebene Bedeutung ist ein Beleg der Vernunft in Person

An dieser Stelle kann keine Exegese betrieben werden. So sollen hier auch nicht die am Anfang der Kirche mehr oder weniger zufällig ausgewählten, ursprünglich insbesondere dem Augustus-Evangelium entgegengestellten Kultlesetexte, nun doch wieder in den historischen Mittelpunkt gestellt werden. Doch auch in diesen Texten, die trotz aller Verschiedenheit und theologischen Bedeutungsinhalte bisher meist wie die Lokalberichterstattung über die Erlebnisse eines jungen Religionsrebellen gelesen wurden und daher den Kurz-schluss verursachten, verweisen auf die Vernunft als Licht oder König der gesamten Welt. In diesem Sinne sind sie historische Berichte. Doch es kann diesen hellenistischen Theologen nach heutigem Wissen nicht um einen Heilsprediger gegangen sein, der als Logos galt. Sie handeln von der Heilsbedeutung der Vernunft bzw. einem Entwicklungsprozess der Zeitenwende, der hier das Thema bzw. in den Geschichtsbüchern nachzublättern ist.

Wenn heute Kirchenwissenschaftler die Texte der Evangelien nachblättern und nicht nur Art und Ort der Geburt, sondern jeden Schritt und Tritt, jede Handlung oder Heilsgeschichte, als eine hochstehende theologische Komposition beschreiben, bei der die Bedeutung des christlichen Wesens für die gesamte Welt deutlich gemacht wird. („Jesus Christus – Licht der Völker“, Bibel und Kirche 4/2014, ist da nur ein winziges aktuelles Beispiel). Dann ist doch klar, dass es nicht um einen jungen Heilsprediger gegangen sein kann, dem nun die Bedeutung der alten Götter der menschlichen Gottessöhne oder jüdischer Gesetzeslehre übertragen und der so als allein- bzw. universal gültig angesehen wurde. Wenn dann noch der Christus-Hymnus des Kolosser oder andere neutestamentliche Wesens-aussagen als identisch mit dem philosophischen Vernunftbegriff nachgezeichnet werden. Oder wenn Professoren (Zeitschrift für Neutestamentliche Wissenschaft 34/2014) nachweisen, wie Gedankengut der Stoa, des Platonismus oder sonstiger hellenistischer Philosophien in die Texte des Neuen Testamentes eingeflossen sind. Wie können heutige Denker, die die schöpferische Funktion des christlichen Wesens oder seine Mittlerschaft in Bezug auf die philosophische Vernunftlehre nachweisen, auf die Schnapsidee kommen, dass es im christlichen Glauben um einen jungen Guru ging, der als das galt, was  am Anfang der Wissenschaft in Weltrealität bedacht wurde?  

Mit jedem Satz verweisen heute die sich wissenschaftlich betätigenden Schriftgelehrten (auch in der aktuellen oder sonstigen Ausgaben von  „Bibel und Kirche“, dem Mitgliederheft des kath. Bibelwerkes) darauf, dass es auch bei den inzwischen in gleicher Weise wie Johannes gelesenen Synoptikern nicht um den gegangen sein kann, der heute als historisch gilt. Das heilsbringende Licht zu Erleuchtung der Völker und der Herrlichkeit des Volkes Israel, das nicht nur im Stammbaum Jesus, sondern oder allen sonstigen Darstellungen im Doppelwerk des Lukas, von Matthäus oder Markus beschrieben ist, muss von Exegeten, die die universale Bedeutung auslegen und sich nicht lächerlich machen wollen, auf den Logos bezogen werden, wie er universal galt und bei Johannes als Jesus handelt. Doch dabei geht es ganz eindeutig nicht um einen Heilsprediger, sondern genau das, was dem gesamten antiken Denken als Vernunft bzw. Logos galt und damit universale Heilsbedeutung hatte. Doch vom Logos zu sprechen bzw. der Vernunft, nach der alles natürliche Werden und menschliche Bestimmung erklärt wurde, so auf  universale Weise galt und das dann in der Not(durft) der Erklärung doch einem Heilsprediger anhängen zu wollen, der daher die Bedeutung für alle Völker gehabt hätte, das ist mehr als Mist, das in einfach unmöglich.

Die „notdürftige“  (im negativsten Sinne des Wortes) Historienhypothese,  bei der nur ein als hoheitlich geltender oder hellenisierter Heilsprediger hinten herauskommt und die so den christlichen Glauben lächerlich macht, ist unhaltbar. Nichts hätte für damalige Theologen, die das natürliche Werden als Weltvernunft weiterdachten, weniger eine universale Weltbedeutung gehabt, als ein Wanderguru. Beim Licht der Welt, das aus den jüdischen Wurzeln erwuchs, kann es nur um die Vernunft gegangen sein, die jetzt als das verstanden wurde, was den Propheten Wort (hebr. Vernunfthandlung) war. Und was bei Zarathustra, wo die Hebräer im sog. Exil erwuchsen, nur andere Bezeichnungen hatte. Als Asha (Weltordnung, Wahrhaftigkeit, die auf Ahura, den schöpferischen Geist der Welt verwies) in kreativer Wirklichkeit wahrgenommen wurde.

11. Heilswirkung hatte und hat nur die von Kreativität ausgehende Vernunft

Das Paradies hat seit Adam und Eva bekanntlich geschlossen. Völliger Friede und Vernunft auf Erden, was von Augustus und seinen Nachfolgern vergeblich erhofft wurde, war auch im Kult, der die universal geltende Vernunft als Christus bzw. Heilsereignis für alle Völker sah, nicht zu machen. Doch über alle bekannten Wirren hinweg wurde der christliche Kult bis zur Aufklärung der Rolle gerecht, die er vom römischen Kaiser und den mythischen Göttersöhnen geerbt hatte. Ohne die christliche Kultur hätte es die Aufklärung der westlichen Welt nicht gegeben. Nachdem aber weder der alte Kaiser Wilhelm gar als Kultfigur  bzw. Gottessohn wiederzuerwecken ist,  noch die Glaubensvorstellungen vom göttlichen Guru staatstragend bzw. Vernunftbringend sein können, gilt es auf neue Weise nach den Wurzeln zu fragen, aus denen die alten Kultbilder erwachsen sind.

Im heutigen Verständnis bzw. Verhältnis der Religionen wird kein Friede zu machen sein. Da kann weder ein Kaiser, noch ein Kanzler helfen. Und wegen der Erkenntnis, dass es im urchristlichen Kult und damit auch im Islam um die Vernunft ging, die in Mohammed oder Jesus zum Ausdruck gebracht wurde, werden weder die Isiskämpfer die Waffen fallen lassen, noch sonstige Fanatiker. Doch wenn der Intellekt anfangen würde, die der antiken Theologie geltende Weltvernunft zu bedenken, die im Orient andere Wege einschlug, als in der trinitarischen Kirche des Westens. Dann würde das mehr zum Weltfriede beitragen, als Volksgruppen vor den Karren zu spannen, die als korrupt gelten und so auf Dauer den Westen nur noch verhasster machen, Öl ins Feuer gießen.

Wenn ein wissenschaftlich arbeitender Theologe heute die für Seneca & Co. geltende, antike monotheistische Vorstellungen und Lebenslehren begrünende bzw. aus dem natürlichen Werden abgeleitete Vernunft verdeutlicht und dann von einem Wanderprediger schwärmt, der diese Vernunft gewesen sei, dann kann der Teufel nicht mit der Schrotflinte ausgetrieben werden. Doch die Aufklärung, um an ihm den Exorzismus zu praktizieren, der zur Zeit Jesus durch die Vernunft in Person geschah, die ist gegeben.

12. Stoa als theologischer Stall von Bethlehem

Hier geht es nicht darum, die Geburtsstätte Jesus nach Griechenland zu verlegen, den Stall der Herberge von Bethlehem, der oft mit viel handwerklichem Geschick gebaut und zur hoffnungsfrohen Wintersonnenwende unter dem heidnisch-immergrünen Tannenbaum gestellt wird, madig zu machen. Und sicher wäre es auch nicht hilfreich, auf dem Weihnachtsmarkt neben den wundervoll ausgeschmückten, oft recht altdeutsch wirkenden Ställen oder orientalischen Erdhöhlen mit Maria, Josef, den Hirten und Weisen, jetzt auch noch griechische Tempel aufzustellen. Doch ohne die griechische Philosophie und insbesondere die schöpferische Vernunftlehre sog. gottesfürchtiger (besser: von vernünftiger/natürlicher Schöpfung begeisterter) Denker der Zeit Jesus, die nach den Säulenhallen „Stoa“ genannt wird, ist die christliche Theologie, der Grund des Glaubens der westlichen Welt nicht zu machen.

Auch wenn dies recht ungewohnt ist. Neben der Davidstadt macht Seneca hier die Säulenhallen der griechischen Tempel (als Kultstätten Vergegenwärtig schöpferischer Wirklichkeit) und die danach genannte Lehre der Stoa als Geburtsstätte des neuen Christuskultes bewusst. Die Stoa stellt er als eine theologische Vernunft/Logos-Lehre vor, die auf einen philosophischen Monotheismus gründete und zur Zeit Jesus auch rund um den See von Genezareth galt. Eine Lehre, die nicht nur in Athen, sondern auch in Jerusalem ein und aus ging, Umsetzung von Wissen der verschiedenen Bereiche war. Seneca macht so deutlich, warum es viel zu kurz greift, die Stoa z.B. nur als Schule eines Wanderkynikers bedenken zu wollen, wie manche Theologen den historischen Jesus aufgrund vielfältiger Textübereinstimmungen oder Lebensweisen ansehen. Wie vielmehr das hellenistische Denken und Diskutieren über die Natur/Vernunft rund um das Mittelmeer und nicht nur der Stoa, neben dem hebräischen Monotheismus als das zu verstehen ist, was im Bild meist als Stall von Bethlehem gilt.

13. Aufgeklärter Beweis der Vernunft der Götterbilder: Auferstehung griechisch.

Wo die nun auf natürliche Weise erklärte Wirklichkeit das schöpferische Maß, Grundlage der Verhaltenslehren oder des Monotheismus war,  gab es keine Gottesbeweise im heutigen Sinne. Was im Kult galt, musste auch nicht in Übernatürlichkeiten oder einem Zurechtbiegen philosophischer Erklärungen begründet werden. Weder die Göttersöhne noch Zeus als Vater galten den in Natur/Vernunft definierenden Denkern als Grund für die Unerklärlichkeiten der Welt oder als eine Projektion menschlicher Moral. Begründet wurde die Vernunft der Götter- bzw. Kultbilder, die für eine universale kreative Vernünftigkeit standen, wie sie in Kosmos, wie Kultur beobachtet wurde. Was heute über das antike Denken geschrieben wird, macht einen aufgeklärten Neuverstand der alten Kultbilder deutlich, durch den erst der Aberglaube überwunden wurde: Auferstehung auf Griechisch. Aber egal, wie man die antike Rede von Zeus & Co., die sicher im Wandel befindlichen und damit sehr verschiedenen Vorstellungen deutet. Fest steht, zur Zeitenwende verloren die Götterbilder, ebenso wie die Mythen ihre Autorität an die Vernunft. Glaube an vorgesetzte Gottesbilder und Traditionstexte, was heute als „Glaube“ gilt und von der Aufklärung verworfen wird oder in rein persönliche Wellness abrutscht und gleichzeitig Glaubensterror führt, war nicht das Thema der antiken Theologie.

Heute wird vergeblich versucht menschliche Gottesbilder zu beweisen. Im Hinblick auf diese Gottesvorstellung wird dann überlegt, ob Gott den Urknall oder was er anschließend bewirkte. Buchstabengläubige, die fälschlicherweise Kreationisten genannt werden, versuchen die Evolution abzustreiten oder zurechtzubiegen, damit die Natur ihrem Gottesbild gerecht wird. Reine Theologie- oder Theoriengebäude werden als philosophische Gottesbeweise aufgelistet. Und wenn es ganz schlimm kommt, wird in Naturbrechungen, in Heilungen oder gar der sog. Wiedererweckung das göttliche Handeln gesehen. Im aufgeklärten Sinne wird teilweise auch im vernünftigen evolutionären Verlauf bzw. Naturgeschehen eine schöpferische Wirklichkeit gesehen. Und auch wenn dann dort von der „Vernunft Gottes“ gesprochen wird, so soll dies nur ein vorgesetztes oder persönliches Gottesbild bestätigen, vor dem bereits die Propheten warnten. So taucht auch die Theodizeefrage auf: Warum dieser gütig-vernünftige Schöpfergott, von dem man ein mehr oder weniger menschliches Bild hat, das Leid zulässt. So entsteht Aberglaube oder Aufklärungs-Atheismus, zumindest das Abgleiten des Glaubens in persönliche Bilder und Belanglosigkeit und gleichzeitig blutige Auseinandersetzung.

Doch der Gottesbeweis, den das antike Denken im Logos/Vernunft lieferte, war das genaue Gegenteil von vergeblicher Suche nach Beweisen vom Handeln eines Gottesbildes oder Glaubenslehren im heutigen Sinne. Es bestätigte keinen egal wie gearteten Designer menschlicher Vorstellung. Der antike Gottesbeweis belegte die Vernünftigkeit/Notwendigkeit von Kultbildern, die im Wandel waren. Ähnlich wie heute bei Evolutionsbiologen („Die Evolution der Phantasie“ Thomas Junker als Altheist) oder im Wissen um Funktionsweisen kollektiver Kommunikation, wurde der gemeinsame Kult und die für die Kreativität des Ganzen stehen Götterbilder auf vernünftige Weise, in menschlicher Natur bzw. als not-wenig für die Kultur erklärt.

Zweifelsfrei blickte man ehrfurchtsvoll („gottesfürchtig“) zum Himmel, begann die Naturwissenschaft und begeisterte sich für das nun nicht mehr in Göttermythen, sondern in Vernunft erklärte Werden. (Heute in Vernunft zu erklärende natürliche Kreativität des Ganzen, die inzwischen naturwissenschaftlich beschrieben wird und für Glaubensgegner wie Dawkins & Co. hoch und heilig ist.) Zwar wurde in der Kultmetapher ein Vater aller Göttersöhne als Zeus bezeichnet. Noch im christlichen Kultlesetext (anfänglichem Kanon)  wurde angeblich nicht von Jesus, sondern  von Zeus Pantokrator gesprochen. Doch die Notwendigkeit eines Gottesbeweises im heutigen Sinne gab es für die antike Philosophie/Theologie nicht. Wenn die Götterbilder in Vernunft erklärt wurden, dann stand dahinter nicht nur die vernünftige Erklärung des Werdens, sondern in erster Linie die Logik/Vernünftigkeit der Kultbilder. Noch weniger wäre das antike Denken auf die absurde Idee gekommen, gar die kulturgerechten Mittlergestalten als historische Menschen anzunehmen, als was heute Jesus gilt. Der  in „der Zeit Jesus“ zu beobachtende Wandel zu einem bildlosen Kult, der im Sinne der Propheten einer unsagbaren kreativen Macht galt, die sich nur durch den Logos/Vernunft (heute lesen wir Jesus) offenbarte war eine logische Entwicklung. Nach der Erklärung des Werdens und der Götterbilder in Vernunft lag dies auf der Hand. (Was allerding nichts mit einem handauflegenden Heilsprediger nach heutiger Historienhypothese zu tun hat.)

14. Philosophie war vernünftiges Denken: „eine“ Schöpfung: Theologie

Wo sich die Theologie meist auf das Auslegen traditioneller Kultlesetexte beschränkt, zu allem Übel dann auch noch ein unhistorischer Guru als Grund gilt oder wie ein Gott angesprochen wird, kann die griechische Philosophie kaum als Theologie bedacht werden. Auch wenn klar ist, dass die gesamte antike Philosophie nicht nur einer schöpfungsgerechten (göttlichen) Lebensweise galt,  sondern den Grund des kreativen Ganzen auf vernünftige Weise, als Göttervater bzw. Gott der Väter begründete, in Metapher vom Vater sprach, bleibt die griechische Philosophie ausgesperrt. Gleichwohl den griechischen Philosophen im Kult noch die Götter galten, man sich mit Zeus auf den einen Vater des Ganzen bzw. aller Götter berief, in monistischer-naturwissenschaftlicher Weise vom Vater sprach, wird allenfalls ein pantheistisches Konzept unterstellt. Wo nur Buchstaben als Wort Gottes gelten, wird wie bei Spinoza oder Einstein,  jedes Denken, das die schöpferische Wirklichkeit in der Weltrealität wahrnimmt, als Atheismus abgetan, Natur bzw. Vernunft in realer Wirklichkeit bleibt ausgesperrt.

Nur deutlich zu machen, wie wahnsinnig es ist, dem antiken Denken (ob Juden oder Griechen) die Hellenisierung eines charismatischen Heilspredigers unterstellen zu wollen, wäre zu wenig. Seneca macht klar, warum die sog. griechische Philosophie die wahre monotheistische Theologie ihrer Zeit war. Wie er und andere Denker, die alle Natur auf universale Prinzipien bzw. eine kreative Wirklichkeit zurückführten,  völlig zu recht als „gottesfürchtig“ bezeichnet werden. „Gottesfürchtige“  oder „Heidenchristen“, die neben den „Judenchristen“ bei heutiger Wissenschaft als Urchristen gelten. Wobei es wie deutlich gemacht, diesen die Natur als schöpferische Wirklichkeit beobachtenden Denkern nicht um die „Furcht“ vor einem durch die Tradition vorgesetzten Gott ging, der heute von führenden Philosophen mit theologischen Meisterschülern an kath. Hochschulen als Projektion menschlicher Moral bedacht wird. Wie die „Gottesfurcht“ vielmehr die Begeisterung für den nun logisch erklärten Lebensfluss war, den sie als sinngebend, maßgebend für ihre Lehren sahen. Auch wie aus diesem monotheistischen Weltverständnis die im Evangelium nur in verkürzter Form wiederzufindenden Lebens- bzw. Vernunftlehren hergeleitet wurden, die das menschliche Handeln als wahre Natur bestimmen sollten, was heutigen Humanisten als großes Vorbild gilt, macht Seneca verständlich.

Wer seit dem 1. Studientag gelernt hat, warum ein charismatischer Prediger als Logos galt oder hellenisiert wurde und gewohnt ist, nur die Texte des Neuen Testamentes zu lesen, der wird mit Seneca kaum was anfangen können. Doch wer von dem ausgeht, was Gegenstand des antiken Denkens und Diskutierens war, auf verschiedene Weise definiert wurde und dann im jüdischen Sinne als Jesus Geschichte machte, dem zeigt Seneca, warum damals die Vernunft der wahre Christus war.

15. Antike Philosophie  verjüngte den Monotheismus

Seneca macht klar, wie das in seiner Zeit nun in Vernunft erklärte Werden bereits bei Echnaton bzw. in weiterer ägyptischer Theologie und ganz deutlich im Exil, bei Zarathustra der Grund des anfänglichen Monotheismus und seiner Gebote war. Wie der sich im ewigen Wandel befindliche Monotheismus, den im biblischen Bild Moses aus Ägypten befreite und der im persischen Exil, damit der Philosophie Zarathustras bedacht wurde, nun neue Beine – in Vernunft - bekam. Daher der Monotheismus der Josua-Geschichte in Vernunft verjüngt wurde. Im Hellenismus daher mehr als bei den jüdischer Traditionshörigkeit bzw. den Schriftgelehrten die echten Jünger Jesus unterwegs waren.

Dass Seneca in Cordoba geboren ist, der Blick aufs Meer auch laut seinem Zeitgenossen Plinius von den Nebensächlichkeiten auf das Wesentliche, die wahre Natur lenkt, war ein weiterer Ansporn: Seneca von Andalusien aus, als die Sonne Richtung Palästina aus dem Meer aufstieg, in der Ruhe der Morgenstunden auferstehen zu lassen.

16. Seneca sprechen lassen: 

Seneca spricht hier stellvertretend für die gesamte antike Philosophie, insbesondere die Stoa. Als Vertreter der Zeit Jesus offenbart er, wie im Wandel von mythischer Welterklärung in Göttern zum in Vernunft erklärten Werden aller Natur, die seiner philosophisch-theologischen Zunft im kulturellen Weiterdenken auch Sinngebung (Logos) war, dieser zum "historischen Wesen" des neuen Kultes wurde. Dessen Anhänger daher als Atheisten galten, die es als sogenannte Christen bis in den Tod hinein ablehnten, weiter die alten Götter, incl. Kaiser anzubeten. Und die auch nicht weiter traditionsorientierter und zum Selbstzweck gewordener jüdischer Gesetzeslehre hörig waren.

Doch die von Glaubensvorstellungen freie Betrachtung Senecas (in Geschichtsbüchern nachzulesen) macht nicht nur deutlich, wie genau das, was heute als griechische Philosophie hoch gelobt wird (auch als moderne Lehre zu einem guten glücklichen, gesellschaftsbegründenden Leben gilt), in Wirklichkeit eine Theologie war. Bei der es um eine dem schöpferischen Ganzen gerechte Lebensweise ging. Die dann als götterfreie Christologie weit tiefgehender weitergedacht wurde, als alle Traditions- bzw. Schriftlehre. Daher die an den Hochschulen vertretene Hypothese von einem hellenisierten oder als Logos geltenden Heilsprediger ein schlechter Witz ist. Mehr noch ist es hier das Anliegen, an der Tragödie Senecas beispielhaft klar zu machen, warum die Zeit der Götter und des Kaiserkultes abgelaufen war. Und wie auch in abstrakten vielfältigen theologisch-philosophischen Lehren gemeinsame Vernunft nicht zukunftsgerecht verwirklicht werden konnte. Damit im evolutionären Verlauf der Kultur die Zeit gekommen war, die Vernunft als Christus bzw. im Kult als wahren König zur Welt zu bringen. Sie so als wahrhaft heilende Rettung mit universaler Bedeutung im Sinne des bildlosen Monotheismus als Josua, lat. Jesus, zur Geschichte der westlichen Welt werden zu lassen. Und wie das die Verwirklichung von Vernunft war. Ohne die heute aufgeklärte Humanisten nicht mit Hochachtung auf die griechischen Denker und ihre Tugendlehren, die aufs Ganze bezogene Weisheit (deren Verwirklichung als wahres Glück galt) blicken und von deren Vernunft schwärmen könnten. Gleichzeitig zukunftsweisende Modelle entwerfen und ganzheitliche, ökologische oder sonst der Zukunft gerechte Lebensweisen verlangen würden. Wie das ja auch das Thema der philosophisch-theologischen Lehren war, die erst im fleischgewordenen Logos (christlicher Lehre) in die Zukunft getragen wurden.

Doch weder will Seneca der weitgehend säkularisierten westlichen Welt seine Philosophie als Ersatzreligion zum naturgemäßen Leben in innerer Ruhe und Ausgeglichenheit verkaufen. Noch will er nur das traditionelle Christentum wieder aufleben lassen oder einfach Naturwissenschaft und Glaube versöhnen bzw. auf einen Nenner bringen. Vielmehr lässt sich in Auswertung seines Lebens und Lehrens lernen, was Wurzel der westlichen Kultur und des Christuskultes war. Und wie davon ausgehend ein modernes Weltbild bzw. eine aufgeklärte Glaubenslehre heute aussehen könnte. Die auf mündige Weise wieder einen universal gültigen, gemeinsam einsehbaren Grund hat und so dem Aberglaube bzw. Kampf der Kulturen entgegenwirkt und die Weltvernunft zur Kult(ur)wirklichkeit werden lässt. Was auch in der Antike allein mit griechisch-wissenschaftlichen Lehren bei gleichzeitig abergläubigem Götterkult oder jüdischer Gesetzlichkeit eine vergebliche pharisäerhafte Hoffnung war.

Seneca macht nicht nur klar, wie wahnsinnig die heutige Hypothese vom historischen Jesus bzw. einem Heilsprediger ist, der als Logos, lebendig offenbarendes Wort oder Weisheit zu den biblisch beschriebenen bzw. der den anfänglichen Denkern geltenden Bedeutung gekommen wäre . Daher auch die heutige Gottesvorstellung, wie sie dann zu allem Übel auch noch auf einen unhistorischen Heilsprediger übergestülpt wird, ebenso wenig einen Sinn machen und geben kann, wie die reine Schriftlehre. Vielmehr zeigt er, dass der damals geltende und im Christentum als Offenbarung des Unsagbaren der Väter zu Kult und Kirche gewordene Logos weder eine philosophische Spekulation, noch ein Ersatzbegriff für eine pantheistisch-philosophische Gottesvorstellung war. Wie vielmehr aus den nun in Vernunft, kausalen universalen Prinzipien allen Werdens (Natur), die z.B. in Evolution heute nur etwas empirischer erklärt werden, menschliche Sinngebund bzw. Bestimmung abgeleitet wurde. Daher die philosophisch angestrebte Einheit mit dem schöpferischen Logos letztlich ein naturgemäßes Leben war, wie es heute z.B. öko-logisch ist. Was weit über Naturalismus oder den Sozialdarwinismus hinausging und eine Ökologie aller Lebensbereiche war. (Was nicht nur heute z.B. Benedikt XVI. wieder bedenkt.)

Seneca zeigt, wie gerade die Stoa als ein philosophischer Monotheismus, damit als wahre „Theologie“ zu verstehen ist, bei der weder Tugendlehren, noch Vorsehung, Schicksal oder menschlicher Sinn von vorgesetzten Gottesbildern oder aus Buchstaben abgeleitet wurden, sondern der nun auf natürliche Weise erklärten kreativen=schöpferischen Weltwirklichkeit.

Gleichwohl das Jesusverständnis hier sein Hauptanliegen ist, macht Seneca auch deutlich, wie in philosophischer Metapher vom alles sehenden und bestimmenden „Vater“ gesprochen wurde, auf den allein der Logos (Natur bzw. Vernunft) verwies, der dann an Stelle der vielzähligen Söhne rückte, Christen als einziger Sohn galt. So macht er deutlich, wie fraglich auch die heutigen Gottesvorstellungen von einem mehr oder weniger auf übernatürliche Weise eingreifenden Akteur sind, die keine gemeinsame Bestimmung mehr geben können. Die nur zum Zweifel, Theodizee oder vergeblichen Beweisen und willkürlichen Lehren, letztlich Ablehnung bzw. naturalistischem Atheismus oder allgemeiner Aufklärungs-Säkularisierung führen.

Dabei zeigt sich in Seneca, wie diese nach natürlichem Werden (Schöpfung) bedachte Vernunft nicht nur Voraussetzung bzw. Grundlage aller heute nur als philosophisch geltenden Weisheitslehren war. Die am Übergang vom Mythos (mythischer Welterkärung) zum Logos/Vernunftlehre, ähnlich wie heute, die Diskussion zwischen Skepsis, Relativismus und alten Glaubenslehren bestimmte. Und wie sonst weder Stoa, noch Epikur oder die das weltliche Maß verneinenden Kyniker (Zyniker, heute würden wir auch von Aussteigern sprechen „zurück zur Natur“) denkbar gewesen wären. Wobei letztere, von deren ursprünglichen Vertretern ja auch die alte Stoa (Zenon & Co.)  ausging, möglicherweise am weitgehendsten die christliche Verhaltenslehren und das Bild des Wanderkynikers mit seinen Jüngern beeinflusste. Gleichwohl das Neue Testamten auch gegenüber den von der Vernunft des kreativen Weltganzen ausgehenden stoischen Weisheiten, wie sie z.B. in den Selbstbetrachtungen eines Marc Aurel nachzulesen sind oder weiteren neuplatonischen Lehren geprägt wurde. Damit der „allen“ philosophischen Lehren zugrunde liegende Logos dann in „geschichtlicher“ Wirklichkeit das christliche Thema war.

Der Blick auf Seneca als denkenden "Dichter" macht deutlich, wie es zur  Zeitenwende selbstverständliches Kulturhandwerk war, dieser kreativen Vernunft in romanhaften Geschichten ein Gesicht zu geben. Was daher in den vielfältigen anfänglichen christologischen Bewegungen, die sich trotz Konstantins Einigungsbemühen weiter gegenseitig der Häresie beschuldigten, auf recht unterschiedliche Weise, auch nach griechischem Vor-bild geschah. Denn genau wie dieser Vernunft auch von Cicero & Co. in Kunstwerken,  Geschichten, Dramen bzw. Theaterspielen als Apollo,  Dionysos oder möglicherweise in Vorausschau der Göttertragödie von Sophokles als Kreon, neuen König von Theben, den Menschen begreifbar und bedeutend gemacht wurde, war dies auch die christliche Kultpraxis.

Dabei wird auch klar, warum die griechischen Dramen in Wirklichkeit „theologische“ Schau-spiele waren, die zum Großteil die Tragik der Götter zeigen, deren Zeit in evolutionärer Kulturentwicklung um war.  Auch wie die alten Bilder und Vorstellungen auf ganz natürliche Weise nachwirkten, auf neue Weise belebt werden mussten, wird von Seneca thematisiert. So macht er verständlich, warum auch die Vernunft selbst in antiker Auferstehung (aufgeklärtem Verstand des Wortes: hebr. Vernunfthandlung) ein Gesicht brauchte, das nicht nur vom Alten Testament her, sondern den Göttern bekannt war. Warum Menschen auf bekannte Geschichten und Gestalten, die in menschlicher Weise (Rolle, Person) auftreten, angewiesen sind. Damit auch die bekannte Ausdrucksform Jesus kein Scheinwesen, sondern kreative Vernunft nach menschlicher Natur/Kultur war. Aber auch damit zeigt er immer wieder, wie unsinnig es ist, wenn der heute Jesus genannte christliche Glaubensgrund nur als ein Wanderkyniker bzw. mehr oder weniger göttlicher Guru bedacht werden soll.

An Senecas Leben (in realgeschichtlicher wissenschaftlicher Literatur nachzulesen) zeigt sich auch, wie nicht nur die Kaiser, sondern die gesamte Kunst seiner Zeit bereits im Dienst der Vernunft/Natur (schöpferischer Wirklichkeit) stehen sollten. Auch wenn in Zirkusveranstaltungen die notwendige und daher durchaus vernünftige Unterhaltung des Volkes im Vordergrund stand, so waren die Theater, Dichtungen oder Dramen theologische Werk-zeuge. Seneca macht so verständlich, wie es überall dort, wo heute meist nur kunstvoll unterhaltender Selbstzweck ist, um die Erziehung des Volkes im Sinne von der seiner Zeit geltenden kreativen Vernunft ging. Selbst so wird deutlich, wie unglaublich es ist, dass all dies einfach gegen einen als Vernunft auf Erden geltenden Wunderheiler ausgetauscht worden sein soll.

Bei der Jesus-Hypothese, die an heutigen Hochschulden als Wissenschaft gilt, wundert es nicht, dass heute Kunst meist zum zeitvertreibenden Selbstzweck geworden ist. Auch nicht, dass derzeit die Kritiker der Kirche vorwerfen, der christliche Kult habe die antike Hochkultur zu Fall gebracht. Wo das Hirngespinst der Halbaufklärung bzw. nur ein mehr oder weniger göttlicher Handwerksbursche gilt, kann nicht über den in natürlicher Kulturentwicklung unausweichliche Wandel von Götterkunst, zur kunstvoll-christlichen Kultivierung von Vernunft nachgedacht werden. Noch weniger kann die Rolle bedacht werden, die Kunst und Kultur auch im Rahmen der christlichen Religion hatte und heute haben müssten. Solange die theologische Wissenschaft nur einen Wanderguru vorgibt, kann weder die kreative Vernunft bedacht werden, die hinter dem Kulturwandel der Spätantike steht, noch die Aufgabe, die Kunst heute zur Ausprägung von zukunftsgerichteter Kreativität, wie deren kultureller Vertiefung und Verankerung haben müsste. (Eine Aufgabe, die Kunst und Kult laut atheistischen Evolutionsbiologen wie Thomas Junker, die die "Evolution der Phantasie" als unabdingbare Voraussetzung für die Zukunft sehen, auch dann hätte, wenn ihre Wirkung erkannt ist.) 

Dass sich Seneca darüber lustig macht, wie an heutigen Hochschulen trotz aller antiken Bildung oder gegebenen Wissens um kollektive Kommunikation sowie die Notwendigkeit von Kunstbildern das Wesen des christlichen Glaubens als ein göttlicher bzw. als Logos hellenisierter Heilsprediger gesehen wird, möge ihm verziehen werden. Denn wenn er sich hier lautstark dagegen wehrt, wenn auf diese dämliche Weise auch ihm unterstellt wird, er hätte sich in seinen von Vernunft handelnden Herkulesgeschichten,  die teilweise gleiche Wortlaute haben, wie beim Jesus des Neuen Testamentes, nur einen lebenslustigen  Fresser und Säufer hochleben, dann ist seine Polemik allzu verständlich. Nachdem wir wissen, wie Herakles (auch wenn dessen Familie unter Wiki bezeichnenderweise wie der Stammbaum von Onkel Willi beschrieben wird), ein der Göttertradition entsprechender Ausdruck der Vernunft war. Dann ist es Wissensverweigerung, weiter dieser Hochzivilisation antiker Aufklärung die Vergötterung eines Junghandwerkers zu unterstellen und die Hintergründe dessen Herrlichkeit oder Verherrlichung als neues Paradigma der Jesusforschung begründen zu wollen. Und so soll Senecas Polemik kein überheblicher Angriffe sein,  sondern durch ihre Spitzen Denk-Anstöße geben.

17. Seneca stellt die Tragödie der Göttertheologie als Vorstufe der Christologie vor

Seneca, wie ihn z.B. Marion Giebel  völlig glaubensunvoreingenommen und geschichtsrealistisch als Geistesgestalt hinter Nero bzw. als Gestalter eines Kaisers beschreibt,  der zum genauen Gegenteil von Vernunft wurde, war erster Anlass. Doch wer die Scheuklappen der heutigen historischen Jesushypothese ablegt und eine in Vernunft erklärte schöpferische Wirklichkeit bedenket, dem geben alle Werke über das antike Denken und Diskutieren – insbesondere über die Stoa und die Bedeutung ihrer Begriffe -   wundervolle Einblicke über die Vorstufe der christlichen Kultur. Weit besser als hier bei Seneca ist daher dort selbst zu lesen und zu erkennen, wie das Christentum begann und was sein Wesen bzw. der wahre Grund dessen Lehren war.

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Dass ich genau zur Zeit Christus bzw. zur Zeitenwende geboren bin, ist euch bekannt. Doch allein mit der Tatsache, dass in Zeiten, wo die auch durch mich bekannte  Natur- oder Vernunftlehre das allgemeine Thema rund um das Mittelmeer war (Denken und Diskutieren über ihr Wesen und ihre Bedeutung für die Welt in ganz unterschiedlichen Lehren), ein Wanderguru nicht die geringste Chance zum Christus gehabt hätte, will ich euch nicht ständig langweilen. Auch wenn dieser absonderliche Schwachsinn nach wie vor nicht nur eure theologische Lehren, sondern letztlich euer gesamtes Glaubens- und Weltbild und damit eure tägliche Lebensweise bestimmt.

Mein Leben als stoischer Denker, Tragödiendichter, Erzieher des Nero oder gar römischer Staatslenker bitte ich euch in wissenschaftlicher Literatur nachzulesen. Dies muss ich so wenig aufrollen, wie meine Rolle als Verfolger derer, die sich von Göttern abwandten und als Christen nun die Weltvernunft selbst zum Grund ihrer Kultur machten. Auch wenn ich diese Rolle noch bis zu meinem Tode spielte, so will euch hier deutlich machen, wie mein Lebens selbst zur Tragödie wurde. Wie mein vergeblicher Versuch, den Logos in Nero oder philosophischen Lehren, in kunstvoller Literatur und theatralischen Tramen zu verwirklichen, selbst zur römisch-theologischen Tragödie der Spätantike wurde. So als Vorstufe dessen zu sehen ist, was dann in Christus zum Kult wurde, auf den Konstantin die Kirche baute.

Wer mein Leben wissenschaftlich auswertet, der kann gut erkennen,  warum nach mir der Logoskult an die Stelle der Kaiser oder philosophisch-monotheistischer Lehren und Göttertramen rücken musste. Um kreative Natur in menschliche Kultur umzusetzen, war nicht nur Nero, den ich bekanntlich dazu erziehen wollte, gänzlich ungeeignet. Die Zeit der göttlichen Kaiser, der mythischen Göttergeschichten, in denen wir die Vernunftlehre umzusetzen suchten, war um. Das war das geschichtliche Drama, das ja auch in unseren Theaterstücken gespielt wurde.

Das Paradies, wir sprachen vom goldenen Fließ, wird sich nie finden, kreative Vernunft als wahre Natur in menschlicher Kultur nie völlig verwirklichen lassen.  (Auch wenn der Schreiber dieser Zeilen inmitten eines wunderschönen Palmengartens beim frühen Bad mit Blick auf die Sterne, dann einen märchenblauen, roten Himmel sich insbesondere dann im Paradies wähnte, wenn aus dem Meer der lebensspende Feuerball aufstieg und die Vögel den neuen Tag mit einem Konzert begrüßten. Soviel Persönliches muss sein. Allein um die Begeisterung für das in Natur gegebene und die Verant-WORT-ung dafür nachvollziehen zu können. Was auch dem antiken Denken galt, das bekanntlich diese kreative Vernunft der Natur in Kultur verwirklichen wollte.)

Aber ich will euch nicht langweilen. Ihr wisst um die Stoa, die sich aus der Begeisterung für das in Natur Gegebene, inzwischen wissenschaftlich erklärte ergab. Wie in den Säulenhallen nicht nur alter griechischer Götterkult auf mythische Weise mehr galt, sondern die kreative Wirklichkeit mit Verstand bedacht und zur Lebenslehre wurde.  Auch wie sich hier der wahre Meister aller Weisheit, wie ihn bereits Zarathustra zur Grundlage des dann prophetischen Exils-Monotheismus und dessen was danach (Moses) „geboten“ war machte, auf neue Weise bedacht wurde. Wie die uns geltende kreative Vernunft in Geschichte dann als Jesus das Licht der Welt erblickte, liegt auf der Hand.

Mir liegt es daher fern, euch nur damit zu ermüden, dass nach aller geschichtlichen Logik in kreativer Kulturentwicklung nur der Logos und nicht ein als solcher geltender junger Guru das Wesen des christlichen Kultes in meiner Zeit gewesen sein kann. Oder dass nicht einer der Verfasser, auf die ihr euch in den Glaubenslehren beruft,  von dem ausgegangen ist, was selbst eure Dogmatiker, die von einem hoheitlichen Wesen, der Vernunft allen Werdens als Wesen des christlichen Glaubens sprechen, in seinem historischen Wesen als Halbstarken hinstellen. Dass diese eure gesamte Hochschullehre bestimmende Hypothese nicht mehr haltbar ist, muss jedem halbwegs normal denkenden Menschen, der sich mit meiner Zeit ernsthaft beschäftigt, selbst bewusst werden. Insbesondere wenn er weiß, welche Begründung und Bedeutung der Logos bzw. die aus kreativer Natur hergeleitete Vernunft für uns damals hatte und wie wir sie in den altbekannten Göttergeschichten definierten. Wie schlecht der Witz ist, genau dort, wo die Lehre der Stoa galt und gleichzeitig Herakles-Statuetten ausgegraben wurden (auf den entsprechenden Kult hinweisen), einen als Logos geltenden Wanderguru und seine Freunde um den See  zu jagen oder gar wie ich Herakles (die in traditioneller Weise personifizierte Vernunft in fast gleichen Redewendungen) auf dem Wasser gehen zu lassen, brauche ich nicht immer und immer wieder zu erklären.

18. „Alles hängt mit allem zusammen“: macht Sinn

„Wer nicht weiß wohin er will, für den weht kein Wind günstig“ so werde ich in den Präsentationen moderner Verhaltenstrainer zitiert. Und richtig ist auch, dass unsere Selbsterkenntnis keine Orientierung nur am Selbst, damit Selbstbefriedigung war. Bei unserer Selbsterkenntnis ging es darum, unseren Platz im großen Ganzen zu erkennen. Ohne einen vernünftig zu erklärenden Sinn im kreativen Geschehen wahrzunehmen, wäre nicht nur jedes Leben sinnloser Selbstzweck, sondern alle antiken Lehren undenkbar. Ohne einen Sinn und so ein natürliches Ziel für uns als geistbegabte Kulturwesen zu sehen, wären weder unsere Stoa, noch eine der anderen alten Weisheitslehre gewesen. Sicher war unsere Wissenschaft noch nicht annähernd mit eurer Evolutionslehre vergleichbar. Wir waren in unserer Naturlehre noch weitgehend spekulativ, wirken daher oft recht metaphysisch. Doch wie kommt es, dass heute selbst eure Evolutionsbiologen nicht nur den kreativen Zweck jedes Wesens, jedes menschlichen Organs oder gar jeder Gefühlsregung empirisch beschreiben. Gleichzeitig von einem „natürlichen Sinn“ reden,  den abzustreiten ein großer Fehler gewesen wäre (Thomas Junker, „Der Darwin Code“ als bekennender Atheist). Und dann vor lauter Angst, mit den alten Glaubenslehren zusammengesehen zu werden, über einen natürlichen Sinn nur unter der Hand nachgedacht, ein gemeinsamer Sinn ganz und gar abgestritten wird. Ist die Angst vor dem in Glaubenslehren oder von einem Gottesbild vorgegebenen Sinn so groß, dass selbst eure Zeitgenossen einen gemeinsamen Sinn abstreiten, die sich aktiv dafür einsetzen? Denn egal ob sie sich für den Artenschutz stark machen oder soziale Zukunftsgestaltung, so setzen sie voraus, dass es Sinn macht bzw. Kulturwesen einen gemeinsamen Sinn verfolgen müssen. Wie können z.B. kinderlose Umweltaktivisten oder engagierte Sozialreformer, die ihre Lebensenergie für die vernünftige Gestaltung von Zukunft einsetzen, den Sinn abstreiten, ohne den ihr Einsatz echt „sinnlos“ wäre?  Woher nimmt jemand überhaupt das Recht auf wissenschaftliche Weise bedenken zu wollen, was richtig ist, wenn es kein gemeinsames Recht gibt, sich jeder den Sinn selbst aussuchen könnte?

Für uns war der gemeinsame Sinn etwas ganz Natürliches, gehörte zur menschlichen Natur. Auch wenn er nicht allein durch das vorgegeben war, was ihr als Biologie untersucht. Doch sind Menschen nur ein Haufen Materie, dessen Gabe einzig eine vom Instinkt getriebe Genmaximierung bzw. –-weitergabe ist? Oder seid auch ihr in kultureller Evolution erwachsene, geistbegabte Wesen, die ihre aufgeklärte Gabe, alles, worauf sie heute so stolz sind und was sie nicht missen möchten, einem Prozess verdanken, der weit über die pure Biologie hinausgeht? Wenn sich die Alten nur um das reine Selbst oder die Genweitergabe gekümmert, nur darin ihren natürlichen Sinn gesehen hätten, würdet ihr ganz schön alt aussehen.

Auch bei uns hat sich das, was Sinn macht, nicht aus alten Mythen bzw. Glaubenslehren herauslesen lassen oder ist als Erkenntnis vom Himmel gefallen. Ähnlich wie eure Natur- oder Sozialwissenschaftler bzw. Weltpolitiker ausdiskutieren, was für die gemeinsame Zukunft sinnvoll ist, so haben auch wir damals unseren Sinn und Lebenszweck nicht nach der eigenen Nase oder willkürlichen Meinungen von Mehrheiten definiert. Wie bei euch, gingen die Ansichten über den Sinn des Gesamten oft auseinander, wurden zu dessen Verwirklichung auch recht unterschiedliche Wege gewählt. Ein Grund mehr für euch darüber nachzudenken, warum sich dann ein Kult durchsetzte, bei dem der Sinn des Gesamten nicht mehr in Kaisern, Göttern oder blutleere philosophische Lehren autorisiert war. Vielmehr die kreative Vernunft zum Grund des Kultes wurde, der nicht auf das römische Staatswesen bezogen war, sondern die Gesamtheit der Welt bzw. Schöpfung.

Wenn ihr euch mal kurz versucht in unsere Zeit zurückzuversetzen wird euch klar, welch gewaltiger Wandel es war, die Welt nun nicht mehr in Mythen, sondern auf rationale Weise zu erklären. Und gleichzeitig dann aus den Prinzipien des natürlichen Werdens auch den Sinn (Logos) abzuleiten und nicht mehr auf traditionell-religiöse (mysterische) Weise zu begründen. Wie wir vielmehr in monistischer Welterklärung, wie sie euch inzwischen ganz selbstverständlich und Gegenstand eurer Wissenschaft ist, einen Sinn sahen. Und wie dieser Logos (auch Lebenssinn) bzw. die Naturlehre nicht mehr auf das römische Staatsgebilde beschränkt war, sondern nun auf universale Weise galt, liegt auf der Hand. Ebenso wie der Christuskult, der sich dann daraus entwickelte.

 „Alles hängt mit allem zusammen“, davon gingen selbst die alle traditionellen Vorstellungen völlig verneinenden Monisten und noch mehr wir als Monotheisten aus. Wen wundert, wenn eure Kanzlerin als Physikerin sich auf den Zusammenhang des Ganzen beruft? Oder wenn der Parteitag eurer Grünen im November 2014 so überschrieben wurde. Auch wenn damit der Redakteur die gedankliche Gelenkigkeit der Gründen bei der Wahl ihrer Prioritäten und Parteithemen (z.B. die Abkehr vom fleischlosen Donnerstag) im Blick hatte, wo scheinbar auch alles mit allem zusammenhängt. Doch jedem, der von „Öko“nomie oder „Öko“logie spricht ist doch klar, wie im Haus, das ihr Welt nennt, alles voneinander abhängig ist.  Wenn wir in diesem Haus-halt unsere Bestimmung sahen, dann hat das bei euch nur andere Namen. Bei eurer babylonischen Sprachverwirrung kann allerdings kein Ökoaktivist auf die Idee kommen, dass er sich für das einsetzt, was all unseren philosophischen Lehren als Logos/Weltvernunft und den Juden unserer Zeit als Wort galt. Und was in der Geschichte ein menschliches Gesicht mit Götterbart und den jüdischen Namen Josua bekam.

Nein, von einem in Traditionslehren sprechenden Gott, der ein Ziel oder einen Zweck vorgibt, gingen wir nicht aus. Auch wenn die Götter unseren Denkern noch auf recht unterschiedliche Weise galten, ihre schöpferische Autorität hatten sie verloren. Weder aus traditionellen religiösen Vorstellungen, noch zufälligen Mehrheitsmeinungen bezogen wir unsere Bestimmung, sondern der Natur im Ganzen. Auf eure Zeit übersetzt stehen dabei „Freiheit und Selbstbestimmung“ in einem dynamischen Prozess nicht in Frage. Doch so wie euch der Geist gegeben ist, über die Folgen euren Tuns nachzudenken, das in zukunftsgerechte ökologisch oder wahrhaft ökonomische Bahnen zu lenken, so war auch unsere stoische Ruhe und Beschränkung der Gier kein Selbstzweck zum persönlichen Wohlbefinden. So wie ihr es für ganz selbstverständlich erachtet, euch um die nächste Generation zu kümmern, Zukunft zu gestalten, statt zu vernichten, so sprachen wir von der Verwirklichung wahrhaft menschlicher Natur oder Vernunft.  Und so wie bei euch klaffte zwischen Wissen, Lehre und Lebenspraxis eine große Lücke. Auch wir wollten Vernunft auf ganz verschiedenen philosophisch-theologischen Wegen (die ihr auch im Neuplatonismus oder bei Epikur nachblättern könnt), verwirklichen und sind daran gescheitert.

Logischerweise brachte die Kultivierung der Vernunft im jüdischen Sinne (Jesus) nicht das Paradies auf Erden. Aber ihr müsst doch einsehen, dass es für Denker meiner Zunft, deren ganzes Dasein darauf aus war Vernunft zu verwirklichen und sich dabei von den Göttern verabschiedeten, nahe lag (natürlich/vernünftig war) den Logos/die kreative Vernunft als Christus zu verehren.

19. Was die Verwirklichung antiker Theorie zu heutige Problemen sagt

Dass unsere Logos/Vernunft-Theorie weit von der Lebenspraxis entfernt war, gehört zur Tragödie der Zeitenwende. Und auch die Vernunft kultivierende christliche Lehre hat zwar einen globalen Kult geschaffen, der bis zur Aufklärung trug, diese hervorbrachte, konnte aber weder die Kulturen untereinander, noch Menschen mit der Natur/Mitwelt auf paradiesische Weise versöhnen. Die auch von den Vätern der neuzeitlichen Aufklärung erhoffte Vernunft wird sich nie völlig verwirklichen lassen.

Und doch will ich euch – allein um so die Bedeutung begreiflich zu machen, die dann ein aufgeklärtes christliches Verständnis haben könnte -  darlegen, was die Theologie der Stoa zu heutigen Kulturproblemen sagt.  Vorher solltet ihr euch jedoch klar machen, was unserer Lehren getragen hat bzw. ihnen zugrunde liegt. Warum sie weit mehr waren, als eine Anleitung zum persönlichen Wohlbefinden in Weltgemeinschaft. Wir waren laut eurer Wissenschaft „Gottesfürchtige“ (besser wäre, von natürlicher schöpferischer/kreativer Wirklichkeit des Ganzen begeisterte Denker), die Natur/Vernunft in Kultur verwirklichen wollten, sich in Verantwortung für das Weltganze sahen.  

Während bei Euch meist ein Zweckrationalismus im Vordergrund steht, war unsere Vernunft aufs kreative große Ganze ausgerichtet, das uns in Verant-wort-ung nahm. Das zeigt nicht nur, wie klein der Schritt von uns zum Kult war, in dem das Wort eines unsagbaren Grundes, der kreative Logos den Ton angab. Und wie absurd es ist, wenn heute nicht allein theologische Kritiker wie Gerd Lüdemann auf der Suche nach Wahrheit das Alte und Neue Testament entblättern und nur einen halbstarken Junghandwerker hinterlassen. Aus unserer Verantwortung fürs kreative große Ganze lässt sich ablesen, was unsere Vorstellung von der Welt auch für euch bringen würde. Wenn sich unsere philosophische Theologie, die Natur/Vernunft allein mit philosophischer Bildung zu verwirklichen evolutionstauglich gewesen wäre, dann bräuchte es keine Grüne zu geben. Noch müssten sich die Politiker der Welt auf Klimakonferenzen über die Zukunft Gedanken machen und vergeblich gegenseitig Vernunft nach natürlicher Vorgabe einfordern. Eine ganzheitliche, der Vernunft aller Natur gerechte Lebensweise, das war unser Ziel. Glück war es, das jeweilige Vermögen im Sinne des kreativen Ganzen auf vernünftige Weise einzusetzen, so zum Wohl der Gesamtheit beizutragen.

Auch wenn, wie beispielsweise beim blutigen Krieger Marc Aurel – letztlich auch bei meinem Luxus – Lehre und Lebensführung nicht identisch waren. Dies verweist auch auf eure Probleme, bei denen dem Kapital- und Konsumegoismus nicht nur marxistische Lehren vergeblich entgegengestellt wurden, sondern auch die Einsicht in die ökologischen Probleme und gutgemeinte gegenseitig Beteuerungen nicht wirklich weiter bringen. Es zeigt euch, warum die uns geltende Vernunft/der Logos allein in ideologischen Lehren nicht zu verwirklichen war. Warum er erst die kulturgerechte Person kreativer Realität die Kulturwende weiter führte. Doch dass selbst Marc Aurel in seinen Selbstbelehrungen, die er nach täglichen Kämpfen im Nachtlager, wahrscheinlich im Westen der römischen Reichsgrenzen aufzeichnete, für den Weltfriede kämpfen wollte, dürfte euch schon allein am grundlegenden Konzept klar sein. Wir waren Weltbürger, die keine geistigen Schranken kannten. Und die nicht durch die Götter der Glaubenstradition in den Kampf der Kulturen zu schicken oder kommerziell angeheiztem Egoismus ausgesetzt waren.  

Unsere gesamte Lebensenergie,  die ihr nicht nur an euren Sportlern des Jahres oder der Vielzahl von kulturbewegenden bzw. – engagierten, politischen oder sonstiger Vorbilder auf unterschiedlichste Weise beobachten könnt, wollten wir der Vernunft unterstellen. Dazu entwickelten wir die unterschiedlichsten Konzepte. Und so ergab sich auch der christliche Kult, bei dem die Vernunft als Christus galt, wahrer König war.

20. Die Tragödie alter Götter und Staatslenker

Während bei euch in angeblich demokratischen Staaten Kapitalmehrheiten oder selbst in Amerika politische Familien den Ton angeben bzw. Präsidenten bestimmen, haben wir bereits Demokratie geprobt. Wie ihr wisst, war ich Senatsmitglied. Und mir wurde bereits klar, dass weder das große Vorbild Augustus, noch der Kürbiskopf Claudius, der sich selbst für den obersten Gott hielt und auch nicht der von mir zur Verwirklichung von Vernunft erzogene Nero, dazu wirklich taugten. Um ein Staatswesen menschlicher Kultur auf kreative Weise zu lenken, reichte bei uns die Republik so wenig, wie sich bei Euch durch marxistische Parolen und Plakate über die gemeinsame Arbeit oder durch Kapital- und Konsumegoismus bzw. Kommerz ein zukunftsgestaltender Staat machen lässt.  

Im Auftrag seiner Mutter Agrippa wurde von mir Nero zu einem Gottessohn gemacht, der gemeinsame Vernunft/menschliche Natur verwirklichen sollte. Denn nicht allein weil ich dafür bezahlt wurde oder mich für den Jüngling begeisterte, sondern weil ich Natur/Vernunft verwirklichen wollte, die all meinen Weisheitslehren zugrunde lag, habe ich Nero  ausgebildet. Als Monarch sollte er das zur Welt bringen, was im christlichen Monotheismus dann die Aufgabe Jesus bzw. der kreativen Weisheit in Person war, der sich bekanntlich dann auch die christlichen Kaiser als Staatslenker/-oberhäupter unterstellten.

Allein an meinem in den Geschichtsbüchern beschriebenen Verhältnis zur Kaisermutter Agrippa, deren Einflüsse auf Nero, meiner Auseinandersetzung mit ihr über die wahre Autorität, lässt sich vieles über die bei euch als Maria bekannte Gottesmutter bzw. dann auch eure Probleme mit Mutter Kirche ablesen. Es scheint ein ewiges, auch in unseren  Ödipus-Sagen beschriebenes Problem, das dann auch für den „christlichen König“ galt. Immer wieder besteht die Gefahr, dass die Vernunft der Mutter bzw. des ausdrückenden/zur Welt bringenden Wesens zum Maß der Dinge, der Vater dann verleugnet wird. Doch das wäre ein eigenes Thema. Dass aber die Verwirklichung kreativer Vernunft mit meinem Hoffnungsträger kräftig in die Hose ging, ist Euch bekannt. Ebenso wie auch mir der Vorwurf gemacht wurde, dass mein luxuriöses Leben ganz und gar nicht meiner stoischen Lehre entsprach. Und wie auch mein ganzes Leben zur Tragödie wurde, der Logos, die Weltvernunft so nicht zu verwirklichen war.  Auch wenn weiter gottesfürchtige stoische Denker (Offenbarer) wie Marc Aurel  das Vernunftideal bzw. goldene Zeitalter in ihren Selbstbelehrungen und Götterkult verwirklichen wollten, die Zeit für den Kulturwandel war da.

Doch allein am Beispiel des Philosophenkaisers, dessen Gedanken zur Vernunft ihr nur kennt, weil er sich im nächtlichen Zelt durch die zufällig überlieferten Selbstbelehrungen zu erziehen suchte, sollte euch doch klar werden, was einen Kaiser unserer Zeit ausmachen sollte. Selbst Herodes, der vormals als jüdischer König von Rom eingesetzt war, aber noch weniger der spätantike Konstantin, der sich noch als Verkörperung kosmischer Ordnung sah, sind ohne die Vernunft zu bedenken, die Cicero oder mir galt. Wie ihr wisst, gingen davon ebenso auch Augustinus oder die sonstigen späteren Kirchenvätern aus. Die dabei  so selbstverständlich von Christus sprachen, wie z.B. der Naturphilosoph Bohetius. Den ihr dann als Vorgänger von Teilhard de Chardin seht, ohne allerdings die Natur/Vernunft in Weltrealität als Grund des christlichen Glaubens zu bedenken. Da nach eurer Heilsprediger-Hypothese nur ein religiöser Heiligenschein, eine gutgläubige Halluzination gewesen wäre.

Ich will euch aber nicht langweilen um erneut zu erklären, dass die für uns geltende Vernunft kein frommes Hirngespinst war. Denn ihr wisst um die Stoa, bei der wir den Sinn unseres Seins, wie des Ganzen in Vernunft erklärten und in vernünftiger Beherrschung unserer Gefühle oder Triebe verwirklichen wollten. Nein, wir waren noch keine Christen, bedienten uns im Kult noch der menschlichen Götter. Wir verfolgten  bekanntlich noch die, die die Vernunft zum Grund ihres Kultes machen wollten. Doch wer von Marc Aurel oder mir schreibt, wie gottesfürchtig wir waren und einem philosophischen Monotheismus dienen wollten, der muss doch völlig den Verstand verloren haben, wenn er dann gottesfürchtige Griechen als anfängliche Christen beschreibt und gleichzeitig an der Hypothese vom hebräischen Heilsprediger oder Wanderradikalen und festhalten will, dem nach seiner Hinrichtung ein Heiligenschein aufgesetzt wurde.

Was uns galt, das was eure modernen Medien ständig als weltvernünftig beschwören. Es war auch das, was in taub gewordener jüdischer Gesetzlichkeit jedoch zum Selbstzweck verkommen und allein mit unseren philosophischen Ideologien nicht zu verwirklichen war. Was auf euren Weltkonferenzen gegenseitig gefordert als wahrhaft human, ökologisch, zukunftsgerecht gepredigt wird oder Sonntags der protestantische Pfarrer von der Kanzel fordert, galt uns als „schöpferische“ Bestimmung. Auch wenn mit dem Christentum nicht das Paradies auf Erden angebrochen ist, so könnt ihr an unserer Tragödie lernen, warum die Zeit für einen Kulturwandel gekommen war. Und warum auch die leeren Gottesbilder oder Schriftlehren eurer Zeit so wenig Vernunft verwirklichen können, wie allein das denkerische Wissen und gegenseitige einfordern.

21. Wie Verstand ohne zeitgemäße Kult(ur)verankerung zur Tragödie wird

Im allen Büchern über das antike Denken und auch in fast jedem neuen Werk der christlichen Literatur werft ihr Licht auf unsere Hochkultur und ihre tiefgreifenden theologischen Debatten, ohne daraus die Konsequenzen zu ziehen. Auch wenn ihr die Schauspiele für die Götter, die Tragödien nur wie Erbauungsliteratur lest, erscheint mir das schlimmer, als eine Bücherverbrennung. Denn wer selbst die Theodizee des Hiob bereits bei meinen Überlegungen über die Frage nach den Übeln der Welt nachzeichnet, der weiß doch um was es ging. Auch wenn die Frage nach den Übeln heute meist in Vernunft gelöst sind, selbst Krankheiten oder Erbeben, gar der massenhaftes Unglück bringende Tsunamie in notwendigen Erdplattenverschiebungen bzw. natürlicher/geologischer Vernunft beschrieben werden, dann gilt auch dort die bereits uns geltenden Gesetzmäßigkeiten des Kosmos (Logos). Und wenn wir von Zeus als dem Vater aller oft gegensätzlichen Götter und Lenker des Alles zum Guten sprachen, gingen von dem aus, der dann später in/durch Vernunft (ihr sagt Jesus) als allgütiger Vater beschrieben ist. Mit einem vorgesetzten Gottesbild hatte das nichts zu tun.

Wie ihr auf die Idee kommt, das uns über alles natürliche Werden Aufschluss gebende Prinzip, das nicht im menschlichen Schicksal aufgeht, sondern bei uns auf vielfältige Weise personale Züge trug, sei in einem jungen Juden verwirklicht worden, das ist schon ganz harter Tobak. Wir wussten noch nichts von Freud und der psychologischen Beschaffenheit des Einzelnen. Und auch wenn die Notwendigkeit kunstvoller Bilder in kollektiven Kommunikation bzw. kulturellen Evolution nicht wissenschaftlich definierten. Oder wenn wir die Volkspsyche bzw. das kulturelle Bewusstsein noch nicht in eurer Weise als die entscheidende Software für das Verhalten erklärten. Ihr wisst doch, wie wir unsere Theologie/Philosophie als Seelsorge verstanden. Und die zu meiner Zeit immer mehr auftretenden Probleme dieser Seelsorge bzw. der dieser zugrunde liegenden Theologie waren der Stoff, den nicht nur Sophokles in Ödipus oder großen Königen verarbeitete. Wer diesen Stoffen als Altes Testament der Griechen versteht und um die Notwendigkeit von Kultbildern im evolutionären Wandel weiß, der kann doch nicht allen Ernstes denken wollen, die Christen hätten nur aufgrund frommer Eingebungen einen jungen Juden mit prophetisch-hebräischem Stoff bekleidet oder ihn nur in eine Göttergestalt gesellt. Wie nicht nur die Kritik kurz-schließt, die das Leben Jesus von Geburt bis Tod bei den Göttermythen als abgekupfert nachweisen will. Eure Tragödie sind mehr die jungen Theologieprofessoren wie Jörg Lauster. Die getreu der Lebens- und Glaubenslehre ihrer Lehrer bei ihrer Betrachtung „Die Verzauberung der Welt: Eine Kulturgeschichte des Christentums“ wie selbstverständlich einen jungen Guru an den Anfang stellen, damit nur religösen Budenzauber, statt Vernunft in Geschichte beschreiben. Und deren Bücher vom verzauberten Guru dann von Amazon als Geschichtsbücher, in der Reihe mit Biografien von Napoleon oder Winston Churchill angeboten werden.

Zu unserer Tragödie gehört sicher auch, dass die Zeit der Götter, die dort bzw. in unseren theologischen Theaterstücken noch die Hauptrolle spielten, abgelaufen war. Doch allein wenn ihr beschreibt, welche Mühe wir uns machten, der Ratio ein Gesicht zu geben, das den Vorstellungen der Tradition entsprach, wie wir so unserer Kultur gerecht werden wollten, müsste euch doch klar werden, warum auch bei Euch mit Vernunftlehren allein nichts zu machen ist. Doch wenn ihr weiter nur einen hellenisierten Wanderugur durch die Gegend treiben wollt oder gar für ein Hirngespinst haltet, ohne darin die Vernunft zu  bedenken, wird euer Kirchenkult noch weniger zur Vernunft führen können,  als unsere philosophischen Einsichten und unser Götterkult. Denn im Gegensatz zu euch, die ihr in Jesus einen lebenslustigen Heilsprediger seht (Lt. führenden Neutestamentlern „doch Fresser und Säufer“, war Herakles (der lt. eurer Archäologen zur Zeit Jesus rund um den See Genezareth verehrt wurde) kein den leiblichen Genüssen zugetaner Halbstarker, sondern in Vernunft erklärt. Wenn dann bei den die Götterbilder hinter sich lassenden Christen die Vernunft (nach jüdischem Verständnis bzw. als Wort) in gleicher Weise übers Wasser ging, wie ich dies von Herakles beschrieb, dann ging es dort so wenig um ein frommes Märchen, wie bei mir. Aber schon gleich gar nicht um einen Heilsprediger, dem so ein zauberhafter Heiligenschein aufgesetzt oder der hellenisiert wurde. Der als Wurzel- d.h. Radikalkritiker geltende Holländische Neutestamentler Gustav Adolf van den Bergh van Eysinga, der meine bibelgleichen Ausssagen über Herakles als einen der vielen Belege wertete, dass es bei Jesus um den Logos ging, musste dabei noch von einer philosophischen Spekulation ausgehen. Doch als Kenner der Antike ist euch inzwischen klar, dass die Logik bzw. Vernunft, nach der wir das Werden der Welt erkärten und was danach vernüftig für unsere Kultur galt, alles andere als eine fromme philosophische Spekulation oder einfach ein pantheistischer Ersatzbegriff für das war, was ihr geheimnisvoll Gott nennt.

22. Vernunft der Kultbilder war theologische Tagesordnung

Ihr lest mit voller Begeisterung die antiken Sagen und Tragödien und wisst, dass dies theologische Schauspiele waren. Selbst wenn ihr euch an profanen  Märchen erfreut oder emotional daran erbaut, wenn der Prinz als Eisbär auftaucht, verzaubert wird und auch in den täglichen Seifenopern vor und nach der Tageschau, bei 007 oder im Tatort immer wieder das Gute siegt, dann sollte euch dies sagen, wie wichtig dann erst unsere Theater waren. Denn dort ging es nicht einfach um das Gute. Vielmehr tauchte die Vernunft in ganz verschiedenen Rollen auf, setzte sich ähnlich wie im Neuen Testament mit der erstarrten Tradition auseinander. Kunstvolle Bilder gehörten in unserer Kult(ur) zum Bildungshandwerk. Wie kunstvolle Bilder nicht nur die Voraussetzung für die Vergangenheit waren, sondern auch dafür sind, dass eure Kultur Zukunft hat, sagen euch inzwischen selbst die Evolutionsbiologen, die wie Thomas Junker („Die Evolution der Phantasie“) als bekennender Atheist mit den biblischen Bildern gewiss nichts zu am Hut haben.

Doch im Gegensatz zu euch, die ihr die Auslegung längst taub gewordener Bilder wie selbstverständlich als Theologie bezeichnet, bezog sich unser Denken über einen schöpferischen/kreativen Grund bzw. eine entsprechende Bestimmung auf die Weltrealität.  Aus einem Buch vorzulesen bzw. nur die Traditionstexte auszulegen, das wäre für uns wirklich keine Theologie gewesen.  Auch  wenn die alten Mythen und ihre Gestalten, ähnlich eure Bibeltexten kaum mehr mit der Weltrealität in Verbindung gebracht wurden und kaum noch zur Verwirklichung von Vernunft taugten, so war uns auch ohne evolutionsbiologische Nachweise bewusst, dass der Mensch phantasievolle Bilder und Gesichter bzw. Geschichten braucht. Wen wundert daher, wenn neue gebraucht werden mussten? Doch wie selbst die Kritiker, die über unsere Art der Kommunikation wissen und die nicht nur Geburt und Tod, sondern bald jeden biblisch beschriebenen Schritt Jesus als bei uns abgekupfert nachweisen, weiter nur einen jungen Juden an den Anfang stellen, das ist bei dem inzwischen gegebenen Wissen in Natur/Logik nicht mehr zu begreifen. Wie dann auch die biblische Bedeutungsaussagen ernst nehmenden Theologieprofessoren auf die absurde Idee kommen, den christlichen Herkules, der nun im jüdischen Sinne als Josua, lat.  Jesus für die von uns definierte Vernunft selbst stand, als heilspredigenden Handaufleger zum wissenschaftlichen Thema zu machen, das grenzt an Wahnsinn.

Und die angebliche Grenzüberschreitungen, die eure Theologen dann beschreiben, wenn sie in ihrer Notdürftigkeit deutlich machen, wie ein junger Jude zu einem schöpferischen Wesen, zum lebendigen Wort/Logos wurde und zu allem Übel daraus gar ihre Bestimmung ableiten wollen, die übersteigt dann die antike Tragödie bei weitem.

Auch die massiven Vorwürfe, die man mir aufgrund meines Lebenswandels machte, gehören zur Tragik meines Lebens. Die drei uns geltenden Grazien, von denen die erste die Wohltaten erweist, die zweite sie entgegen nimmt und die dritte sie erwidert, wurden meiner Lebensweise oft entgegengehalten. Wen wundert, wenn dann die christliche Lehre sich an die kynische Lebensart anlehnte? Entsprach dies doch nach Ansicht vieler Denker meiner Zeit weit mehr dem göttlichen/schöpferischen Prinzip bzw. der Verwirklichung von Vernunft/wahrer menschlicher Natur, als mein luxuriöser Lebensstil. Dass die Kritik an meiner Lebensweise aber nichts mit den zufälligen Ansichten eines Kynikers zu tun hatte und es völlig absurd ist, einen Wanderradikalen als Grund des neuen Kultes zu bedenken, muss ich nicht ständig widerholen.

23. Das schöpferische Wort mit Vernunft verwirklichen

Für mich galt keine Moral, die sich allein menschlich festlegen bzw. im Humanismus begründen lässt oder die einem geheimnisvollen Aufpasser in den Mund gelegt und dann in Form von Göttersöhnen gespielt wurde. Ganz im Gegenteil. Der Mensch hatte sich auf vernünftige Weise im Sinne der Natur/Schöpfung (ihr sagt im göttlichen Sinne) zu verhalten.  Mein ganzes Leben und Denken, alle zur Zeit Jesus geltendenden Weisheitslehren waren darauf angelegt, Vernunft zu verwirklichen und so glücklich zu leben.

All meine Lehren setzten sich mit einer Weisheit auseinander, die nicht allein menschliche Moral, sondern auf kreative Weise vorgegeben war. Wenn ich in Ägypten oder beim „Grammaticus“ war, habe ich das gelernt, was ihr als schöpferisches Wort bezeichnet, jedoch nur in alten Geschichten aus dem Buch lest. Ihr beschreibt doch selbst am laufenden Band, so dass ich mir hier ersparen kann, wie es bei uns darum ging, die Natur bzw. die so vorgegebene schöpferische Vernunft/Logik in menschlicher Kultur zu verwirklichen. Wenn ihr unsere Logik und Physik deutlich macht, dann wisst ihr, wie es das Herzstück der Stoa war, daraus die Ethik abzuleiten. Eine schöpfungsvernünftige Lebensweise, die der Mensch dank seines göttlichen/schöpferischen Geistes, d.h. in vernünftiger Lenkung seiner Gier bzw. Unterdrückung fehlleitender Triebe leben sollte.  Dann dazu gehörten für uns selbstverständlich auch die kunstvollen kulturellen Werk-zeug.

Ihr wisst auch, wie  Verstand und Vernunft für uns als göttliche Gabe galten, die uns Ein-sicht in das Wesen der Dinge gaben. Die Philosophie war für uns das Gebäude, um in dem Haus, das ihr als Ökologie oder Weltökonomie bezeichnet zu leben. Selbst die Vernunft meines Vegetarismus, wegen dem ich zu meiner Zeit noch belächelt wurde, ist inzwischen denen, die sich über die Treibhausgase durch die Viehhaltung bzw. Welt- oder die eigene gesunde Ernährung Gedanken machen, weit besser als uns bewusst. So wenig wie bei Moses oder dann im Neue Testament sind unsere Verhaltensgebote einfach vom Himmel gefallen, waren nächtlich Eingebungen an Einzelpersonen. Sie entsprachen kreativer Vernunft.

Auch unsere Rhetorik sollte kein Selbstzweck sein, durch den die Menschen zu frommen Märchen überredet wurden, sondern zu Vernunfterziehung beitragen.  Meine Rede war eine Mission, die allein der Vernunft mündiger Mitbürger galt. Vernunft war das, was bei Sokrates im Dialog ermittel wurde, im schöpferischen Sinne vernünftig war. Was der Natur (Schöpfung incl. Kulturgeschichte), die Juden sagten Wort, auf menschlich-vernünftige Weise ent-sprach. Eine leere religiöse Rhetorik, wie sie bei euch leider oft als Predigt gilt, das wäre für uns unvorstellbar gewesen. Doch wenn in philosophischen Reden, im jungen Nero oder den Göttergestalten bzw. -geschichten dieser Logos nicht mehr lebendig wurde, dann wisst ihr, welche Stunde geschlagen hatte.

Natürlich haben wir im Zeitenwandel verschiedene Modelle erprobt, versuchten z.B. die Epikuräer oder Kyniker ihr Glück auf andere Weise, als wir Stoiker. Doch wie ihr auf die Schnapsidee kommen könnt, ein Wanderkyniker wäre zu unserer Zeit als Wort, Weisheit bzw. Weltvernunft gesehen worden, das ist mit der seit uns geltenden Logik nicht mehr zu erklären. Das erscheint mir tiefer als das tiefste Mittelalter, in das dann später die Zeit zurückfiel und die Mysterien wieder auflebten.

24. Der Jünger Jesus

Dass ich trotz meiner Vernunftlehre im Kult noch auf die Götter setzte und daher später sog. Christen, die der Tradition den Dienst verweigerten, als Kulturverräter, Staatsfeinde ansah und verfolgen ließ, ist bekannt. Und doch sollte es euch nicht schwerfallen, mich als Jünger Jesus, besser Anhänger der Vernunft zu sehen. Oder als Verjünger dessen, was den Propheten als Wort (hebr. Vernunfthandlung im Prozess allen Werdens) galt, vormals in Josua (lat. Jesus)  seinen Ausdruck hatte und dann im christlichen Kult die Hauptrolle spielte.

Mit einem Heilsprediger, der bei euch als Heiland, Soter, Retter nur in Notdürftigkeit hinten herauskommt und dem angeblich einige Fischer und Zöllner folgten, hatte ich nichts zu tun. Um den hätte sich aber weder ein hellenistischer, noch ein hebräischer Theologe gekümmert. Doch warum in unserer Lehre das verjüngt wurde, was den Ägyptern als Maat (Prinzip der Welt) galt, Zarathustra, (damit dem Exil bzw. Anfang des prophetischen Monotheismus) als Asha (Weltordnung in wahrhafter Wirklichkeit, die auf Ahura den Weltgeist/Schöpfer verwies) und den Hebräern als Wort (Vernunfthandlung im Werden) dürfte doch langsam klar sein. Auch wenn bei uns noch die Götter galten. Wer mehr sollte daher ein Jünger bzw. Anhänger dessen gewesen sein, was dann die Vernunft in Person verkörperte, als wir.

Wie aber theologische Wissenschaftler, die in Jesus das lebendige Wort sehen, das bereits den Propheten galt, die philosophischen Denker als Jünger ablehnen, stattdessen Fischer, die sich einem Wanderkyniker anschlossen als wahrhafte Jünger verkünden, das lässt sich nur in Blindheit erklären, wie sie euch als Bibelleser von den buchstabengetreuen Schriftgelehrten bekannt ist. (Wobei die Fischersprache, eure Lehrer übersetzen „Sprache des einfachen Volks“, möglicherweise mehr mit Vernunft in Kultur zu tun hat, als fischfangende Anhänger eines Handwerksburschen, der sich am See Genezareth als Religionsrebell aufgespielt und dann zu Gott geworden sein soll.)

Die verschiedenen kirchlichen Bezugnahmen auf meine Person, wie z.B. die im 4. Jahrhundert in meinem Namen entworfenen Briefe an Paulus, die im erbärmlichen Stil geschrieben sind, mögen zwar aus einem Bewusstsein verfasst worden sein, das mich noch als Anhänger des dann christlichen Glaubensgrundes sah.  Doch so wenig, wie die sechs Briefe im Namen eines Paulus an mich, die simple Romane sind, euch eher den Blick auf das neue monotheistische Paradigma (Paulus) verbauen, sagen sie etwas über mich als Jünger Jesus. Vielmehr ist es das nun in Vernunft erklärte Werden bzw. die gesamte Vernunftlehre unserer Zeit, die mich als Anhänger und Verjünger des lebendigen Wort bzw. der schöpferischen Wirklichkeit in Vernunft ausweist. Auch wenn ich im Kult noch auf die Göttersöhne oder Nero setze, so galt mein ganzes Leben dem Logos/der Vernunftlehre, die für uns eine schöpferische Wirklichkeit und Bestimmung war.

Nicht meine ethische Lehren, in denen ich dem Christentum voraus war oder die Meinungen der Kirchenväter zeichnen mich daher als Jünger dessen aus, der seit Luther durchgängig Jesus heißt, sondern mein gesamtes Lebensthema. Wobei allein das Wissen, wie nicht nur stoisches Gedankengut  im Neuen Testament nachzulesen ist, sondern wie ich selbst von Tertullian geschätzt, von Laktanz um 300 n.Chr. mit dem Beinahmen Christ bezeichnet wurde, mich Hironimus in den Reigen der frommen Autoren aufgenommen hat, müsste euch doch zu denken geben. Aber bei eurem heutigen buchstäblichen Verständnis bin ich heilfroh, dass ihr auch meine Person, meinen Bezug zu Paulus oder meine bis in die Neuzeit reichende kirchliche Verehrung nicht weiter ernst nehmt. Man stelle sich vor, wie die Bildungsreisenden auf den Spuren des Christenapostels sonst auch in Spanien Station machen und unter Anleitung der begleitenden Professoren der Bibelgesellschaft nicht nur in meiner Geburtsstatd Cordoba, sondern in ganz Andalusien (wo diese Argumentation entstand) den Sand durchwühlen würden.

Allein der im Netz zu findende Brief von Pilatus an mich, in dem er von der Begegnung seiner Frau Procula mit einem Galiläer schreibt, der mit seinem Boot kämpfte, übers Wasser ging aber kein Gottessohn sein wollte, sollte bei euch doch den Groschen fallen lassen.) Nicht allein, weil ich bekanntlich von der Vernunft ähnliche Berichte verfasste, sie dort als Herkules wie Jesus übers Wasser ging, sollte euch klar sein, das es auch im Namen von Pilatus bzw. Procula an mich nicht um einen historischen Heilsprediger mit Namen Jesus ging. Wie für viele urchristliche Denker auch der römische Stadthalters, der als  Henker Jesus in die "Geschichte" einging, ein anschließender Jünger beschrieben wurde, so gilt das auch für mich. Denn wer trotzt allen heutigen Wissens weiter davon ausgeht, die Ehefrau eines römischen Stadthalters hätte nicht nur ihren Mann davon abhalten wollen, einen als König auftretenden Wanderguru hinzurichten, sondern der gebildeter Römer hätte dann von den Begegnungen seiner Frau an micht berichtet, der muss was an der Waffel haben. Wenn mittelalterliche Kirchenlehrer sich mit Pilatus und Procula beschäftigten, dann zeigt euch dies vielmehr, dass noch diesen die Vernunft und nicht ein Heilsprediger galt. Beim Gliläer, der über den Kaiser- und Götterkult siegt, ging es nicht um einen Guru. Während in der als Proselytin geltenden und bereits im Evangelientext erwähnten Frau des Pilatus das "weibliche Wesen" wirksam wird, das die Vernunft in volksverständlicher Form (Belletristik) zum Ausdruck/zur Welt bringt, habe ich noch die Proselyten bzw. alle verfolgt, die die Vernunf statt den Kaiser zu ihrem Kult machten.

Wobei wie vielfach gezeigt, das sich anfänglich in vielfältigen Erneuerungsbewegungen entstandene neue monotheistische Paradigma, die christliche Mission durchaus auch bei mir zu lernen ist. Wenn menschliche Kaiser wie Nero oder der wahnsinnige Caligula nicht die Rolle des Princeps als Soter und Heiland erfüllten, sondern sich selbst als Gott an die erste Stelle setzen, dann zeigt das nur den Weg der Zeit, auf dem die Vernunft nun selbst die Rolle des Heilandes bzw. Retters übernehmen und auf menschliche Weise zur Welt gebracht werden musste. Denn wie Menschen auch menschliche Könige brauchen, das wurde bereits mehr als deutlich gemacht.  Selbst der Kultstatus, den wir den Kaisern verliehen, geschah bei uns aus Vernunft. Aber euch dürfte klar sein, dass wir die dafür ausgewählten Feldherren, die wir im Kulthandwerk zu Kaisern machten, nicht als Grund der aller Kreativität bzw. Schöpfung sahen, der bei euch als Gott gilt. Der Herrscher sollte so regieren, dass er sich im Ein-klang mit der göttlichen Weltvernunft befand, sich den Himmel verdient hatte. Das verdient zwar die bekannten Titel, wie den des Augustus, machte in göttlich, aber nicht zu dem, der uns als oberster Vater galt. Nicht Befehl bzw. vorgesetzte Autorität, sondern die Vernunftwirklichkeit oder die Fähigkeit Friede zu halten, gaben dabei den Ton an, führten zum Titel. Wenn unser Evangelium noch dem Kaiser galt, wir noch in ihn die Hoffnung auf ein goldenes, göttliches Zeitalter setzten, dann lag jedoch selbst hier die Vernunft zugrunde, die bei euch jetzt Jesus heißt. Und diese Vernunft, nach der wir die Welt und schöpfungsgemäße Lebensweise erklärten, war kein pantheistischer Gott, wie ihr ihn uns oft unterstellt, sondern verwies auf den Vater aller Götterbilder bzw. des gesamten Alles.

Auch wenn unsere Naturlehre noch nicht mit eurer vergleichbar ist, so haben wir uns in wissenschaftlicher Betrachtung der ganz natürlichen Schöpfung als Weltbürger verstanden. Wir gingen von universalen Gesetzen aus, nach denen ihr heute das gesamte Weltall auf empirische Weise über Zeit und Raum hinweg erklärt. Das Bewusstsein, sich im Ein-klang mit der Natur, das heißt dem Göttlichen zu befinden, verlieh uns bekanntlich das Gefühl des Glückes. Im Rahmen unserer vernunftbegründeten theologischen Philosophie wollten wir in unserer gesamten Lebensweise der schöpferischen Weise, dem Wort/Vernunft ent-sprechen. In einem Zeitalter, in dem die alten Götter nur noch Traditionswert hatten, war nicht nur bei Cicero und mir die Vernunft an Stelle des religiösen Gefühls bzw. der Tradition getreten. (Aber was schreibe ich mir hier. Das alles könnt ihr selbst nachlesen.)

25. Die Natur Jesus Christus

Dass es uns um die Natur ging, gerade ich auch Naturwissenschaftler war, ist euch ebenso bekannt, wie dass wir unsere Kultur-/Vernunftlehre aus der Natur ableiteten. Unsere Logik war weder ein heiliges Hirngespinst, noch was ihr im Kurz-schluss als Sozialdarwinismus oder gar Rassenlehre daraus ableiten wolltet. Auch nicht, was neuerdings die meist naturwissenschaftlich arbeitenden Atheisten, die sich in ihrer Stiftung auf den Giordano Bruno berufen, dann als reinen Humanismus hinstellen wollen. Allein aufgrund der Natur verstanden wir unsere schöpferische Bestimmung, die wir in Kultur bzw. im Kult zu verwirklichen suchten.

Ihr wisst, wie über viele Jahrhunderte hinweg, in oft unheilvoller Christologiedebatte, bei der der von Luther und Melanchthon durchgängig ins Neue Testament eingeführte Name Jesus dafür noch nicht vorkam, über die Natur/das Wesen der ja auch uns geltenden Vernunft/des Logos heftig gestritten wurde. Und wer unter „Natur Christi“ bei Wiki nachblättert, der stößt auch in der weiteren Geschichte auf die „Nachfolge Christi – Nachahmen der Natur“, wo Maximilian Bergengruen Parcelsus, den Begründer der Naturheilkunde bzw. einen meiner Nachfolger, mit Luther einen Dialog führen lässt. Auch wenn im Nachmittelalter die Natur nicht in der uns und euch geltenden Vernunft erklärt wurde. Wer sich vom kindlichen Jesusbild löst, nach dem Logos fragt, der auf noch mittelalterliche Weise auch für Luther galt, dem wird klar. Noch dem Denken der Reformation ging es um Glaubensmodelle, durch die der Mensch in ein natürliches großes Ganzen eingebunden werden sollte. Ob die Natur dabei auf mittelalterlich-mystische Weise oder wie bei uns und euch auf rational erklärt wird, ist dabei eigentlich Nebensache. Sie war eine schöpferische Wirklichkeit, die als Bestimmung verstanden wurde. Von eurer banalen Jesusvorstellung war mit Sicherheit auch Melanchthon, der sich in seiner Notiz an einen Apothekerfreund beim Jesusname auf jüdische Weisheitslehrer berief, weit entfernt.

Auch wenn ihr den Begründer der Naturheilkunde als Laientheologen, der im Dialog mit Luther Gott und seinen Sohn im Sinne der Natur sieht nicht ernst nehmt. Selbst dem nachmittelalterlich gelehrten Mönch, der sich mit aller Macht gegen die Ablass- und sonstige Aberglaubenslehren der kath. Kirche wandte, daher in den Kanon statt der Kirchenlehre zur Richtschnur erheben wollte, kann so wenig wie Melanchthon der heute geltende gute Junge unterstellt werden. Auch den Reformern ging es noch um das, was am Anfang galt, wir als Natur bzw. schöpferische Wirklichkeit verstanden und in Vernunft erklärten. Was dann auf christliche Weise das Licht der Welt erblickte bzw. zum Licht wurde, ohne das die Aufklärung der westlichen Welt nicht wäre. Und da sich ohne das Sola Scriptur (die Schrift), das solus Christum nicht gehalten hätte und nicht zum Licht der westlichen Welt geworden wäre, entsprach auch das der Natur/Vernunft.   

Doch die Reformatoren, die mit der Verschriftung einen wichtigen Schritt in die heutige Mündigkeit gingen, wussten scheinbar noch weit besser als heutige Hochschullehrer, was Thema des dann volksverständlich übersetzten Neuen Testamentes war. Es wäre eure Aufgabe, in Berufung auf die Reformatoren bzw. das vorhandene Wissen um deren theologische Diskussionen (allein über die Festtage) deutlich zu machen, dass diese weder der Hellenisierung eines Junghandwerkers auf den Leim gingen, noch aus einem Wanderguru einen neuzeitlichen Logos machen wollten. Vielmehr hat die Verschriftung, die vor deren völligem Verfall in mittelalterlichen kirchlichen Irrlehren bewahrte, im Lauf der Evolution der kreativen Vernunft in Kultur entsprochen. Um einen  jungen Juden oder wanderkynischen Heilsprediger, wie er heute als Hirngespinst von Halbaufklärung die Lebenslehre der traditionellen Theologie trägt und als gutherziges menschliches Gottesbild hinten herauskommt, ist es in der Geschichte des christlichen Glaubens auf jeden Fall nicht gegangen. Wie es ja auch völliger Wahnsinn wäre, einem von der Stoa und vom gesamten hellenistischen Denken geprägten kosmoshörigen Kaiser der Spätantike die Diskussion über die mehr oder weniger göttlichen Natur eines Heilspredigers zu unterstellen, soll Konstantin später selbst sagen.

26. Die Tragödie der antiken Vernunftlehre war Anfang des Christentums

Bildungsbürgern eurer Zeit brauche ich nicht über unsere Theater, die Göttergeschichten und die Tragödien zu erzählen. Auch wie die Zeit der Götter abgelaufen, unsere Kaiser weder ihrer Kultaufgabe gerecht wurden, noch eine kreative Autorität hatten, Vernunft dann weder allein durch den traditionellen Kult, noch allein theologische Lehren zu machen war, ist bereits gesagt.

Es liegt völlig auf der Hand, logischer kann man es kam machen, als im Licht der Zeit zu betrachten, warum dann im aufgeklärten Verstand (der Auferstehung auch des Alten) die Vernunft selbst die Rolle einnehmen musste, die vormals die Götter hatten. Warum diese die bekannte Gestalt brauchte, kulturvertraute Geschichten und mit menschlichem Gesicht erst Wirk-lichkeit wurde, entspricht eurem Wissen um kollektive Kommunikation in Kultur.

Wer von unserem Weltbürgertum zum Wohl des dann universalen Staates schwärmt, der den gesamten Kosmos umfasste, wahrhafte Ökologie oder Ökonomie war, der darf dabei nicht nur unsere die Naturbetrachtung bedenken. Wo – wie auch im prophetischen Monotheismus – selbst die Nilschwemme als Wort (hebr. Vernunft) und damit als kreative Bestimmung verstanden wurde, die in Kultur umzusetzen war. Wie damit das heute nur besser beschriebene Werden bzw. der Logos das schöpferische Schauspiel und Vorbild war, das wir in Kult(ur)bildern zum Ausdruck brachten. Nur die ethischen Lehren zu lesen, die wir aus antiker Naturwissenschaft ableiteten oder die leider vergeblichen Lehren zu kritisieren, greift zu kurz.

Ohne die Geschichte, die der heute auf wissenschaftliche Weise beschriebene, alles durchwaltende kreative (göttliche) Logos dann nahm, würdet ihr weder auf mich zurückblicken können, noch euch über die Gabe der Freiheit und des aufgeklärten Denkens freuen.

Auch wenn ihr uns unterstellt, dass wir die Rückkehr der Seele zu ihrem göttlichen Ursprung suchten, so haben wir die Voraussetzung für den in evolutionärer Entwicklung notwendigen Zeiten- und Kulturwandel geschaffen, der  im Christentum Gestalt annahm. Der uns damals geltende Gott  bzw. schöpferische Grund (auch unserer Göttersöhne) trägt keine Schuld für das unsägliche Leid, das im Lauf der Geschichte in seinem Namen geschah. Es ist die Unvernunft, die immer wieder die Feder führt, aber scheinbar mit zum kreativen Spiel, dem Dialekt (schöpferischen Wort) auf der ewigen Reise nach Jerusalem gehört.

Wenn Menschen die Wohltaten ins Gegenteil verkehren, sich über Krankheiten im Kult/Aberglaube, ebenso wie in konsum- oder kapitalegoistischer Kultur beklagen, die auf kannibalistische Weise die Zukunft der Kinder frisst, dann kannten wir bereits den Heiland: Der dann als Sol Invictus, Patokrator in kulturgerechter Person, damit echter Christus und seit Luther als Jesus in westlicher Welt Geschichte machte.

Auch wenn ich noch wie Sokarates (im Mythos gemeinsam mit meiner Frau Paulina) im Opfer auf den Himmelsgott Jupiter als Befreier den Schierlingsbecher trank. Die Geschichte geht weiter.

Der mit uns begonnen Naturforschung in Vernunft habt ihr nicht nur alles Wissen über die Zusammenhänge im Kosmos, dem menschlichen Körper oder dem Kopf. Ihr zeichnet auch die mit Nobelpreisen aus, die dadurch Mittel gegen Krankheiten entwickeln. Ihr wisst auch um die Vorgänge im Gehirn, wie die psychische Beschaffenheit des Menschen in Kultur und habt durch uns auch das Wissen, wie kulturelle Krankheiten zu heilen sind. Wie der Mensch auf Höhe seiner Zeit zur kreativen Vernunft zu bringen ist. Und so wenig heute ein Arzt mehr nur Hand auflegt bzw. auf Behandlung verzichtet, nur weil er die Vernunft kennt, die hinter dem Prozess der Heilung steht, können bei euch weiter Placebo bzw. blinder Glaube die Krankheiten in Kultur heilen oder die Einsicht in die Vernunft deren Gebrauch verhindern.

Das Wissen um die Bedeutung der kulturell im Volksverstand begreifbaren Bilder und ihre notwendige evolutionäre Entwicklung kann nicht davon abhalten, sie zu gebrauchen, sondern fordert vielmehr dazu auf: Es macht sie auch in Zukunft zur geschichtlichen Wirk-lichkeit. Doch das weihnachtliche Krippenspiel kann seine Rolle (Aufgabe) nur haben, wenn heute klar wird, dass in der Krippe unter dem heidnischen Baum ein Wesen liegt, das nicht eine von Menschenhand gezeugtes Märchenfigur ist. Und das nicht die Rolle (Kultaufgabe) dessen übernimmt, der uns in Metapher als Vater aller Götter galt, bei den Hebräern unsagbar war und sein wird.

Welche Rolle die heute wissenschaftlich erklärte Vernunft in weiterer kulturevolutionärer Entwicklung haben wird, bleibt offen. Doch dass das Vorverständnis dafür maßgebend ist, die Heilspredigerhypothese heute gegen alle Vernunft (auch in Lebensrealität) ist, dürfte klar sein.

Doch auch wenn es noch nicht so aussieht, die himmelschreiende bildungspolitische Katastrophe, das Trauerspiel heutiger Theologie, bei dem immer nur ein jüdischer Heilsprediger als historisch gelten darf, hat ein Ende. Gleichwohl ich deutlich machte, dass die bisherigen Vorstellungen falsch, sondern in ihrer Zeit vernünftig waren, so kennt ihr die Krankheiten eures Glaubens. Doch ihr habt die Gabe, mit aufgeklärtem Verstand (in auferstandener Weise) nicht nur die Bedeutung der alten Bilder zu begreifen. Vielmehr ist euch begreifbar, welche Bedeutung das aufgeklärte Vorverständnis der kulturellen Wurzel auch für ein mündiges Weltverständnis und damit die weitere Zukunft, das Halten von Vernunft hat.

28 Verhalten aus Wissen um kreative Vernunft: Heilung der kranken Kultur

Dass das menschliche Handeln nicht aus logisch-rationalem Denken erwächst, sondern aus dem emotional gesteuerten Miteinander, aus den Weltbildern, Sinnvorstellungen, den kulturellen Meinungen und Lebensentwürfen, das war uns weitgehend logisch. Nicht umsonst haben wir die Christen, die dem Kaiser den Kult verweigerten, wegen Staatsfeindlichkeit einen Kopf kürzer gemacht. Auch wenn wir das noch nicht auf eure Weise wissenschaftlich erklärten, gehörte der Kult aus vernünftigen Gründen zum Handwerk. Uns Denkern und Dichtern war klar, dass der Kult bzw. die im Kult verankerten Vorstellungen bestimmend für die Verwirklichung der uns geltenden und erhofften Vernunfthandlung in menschlicher Gesellschaft waren.

Und auch wenn das nicht Volksgut, sondern Gegenstand der Bildung war, so kannten wir im Rahmen unserer „Selbsterkenntnis“ den Sinn unseres Selbst im kreativen großen Ganzen. Dem zu folgen auch Gegenstand dessen war, was ihr als Glaubenswerkzeuge anseht. Ein Glaube, der im Gegenstand zum Wissen steht, den hat es für uns Anhänger des dann götterfrei zum Christus gewordenen Logos nicht gegeben. Vielmehr sahen wir den aus Verstand erwachsenen Kult als wesentlich für unsere Einstellung zum Wissen und der danach handelnden menschlichen Wirk-lichkeit. Dass Denken nicht im Gegensatz zu unserer sog. Gottesfürchtigkeit (besser: Begeisterung für das natürlich Gegebene, kreative Ganze) und damit dem stand, was für euch als Glaube gilt, muss ich sicher nicht nochmals erklären. Ohne den kreativen Sinn des Ganzen ist kein Leben. Doch das gilt nicht nur für die Natur, sondern auch für die menschliche Kultur. Und für eure moderne Kultur, bei der der Einzelne kaum mehr überblicken kann, welche Folgen sein Tun haben und gleichzeitig die technischen Errungenschaften immer größere Herausforderungen an ein gemeinsames weltvernünftiges bzw. zukunftsgerechtes Handeln stellen, noch weit mehr, als für unsere Zeit.

Dass allein die rhetorische Bildung, bei Euch moderne Medien und Wissen nicht reichen und selbst die bei uns noch kultisch verehrten Staatsführer bzw. Kaiser Weltvernunft nicht mehr verwirklichten, das war bereits Thema. Die Einstellung zum Wissen bzw. das Verhalten im Alltag ergibt sich aus den Weltbilder und ihrer jeweiligen Ladung in Kultur. Doch dabei ließen wir uns nicht gegenseitig Überreden bzw. kommerziell zur Unvernunft manipulieren, wie ihr. Wir orientierten wir uns auch nicht an traditionellen Gottesvorstellungen, sondern dem Geist, den eure Bildungsbürger im Naturganzen am Werk sehen.  Das göttliche wurde bei uns nicht aus Büchern oder alten Bildern gelesen, sondern als das Kreative in der Natur beobachtet und mit den traditionellen Vorstellungen, insbesondere dann dem bildlosen Monotheismus, auf einen Nenner gebracht.

Auch wenn wir nicht immer vom Logos sprachen, so war die Vernunft für uns die Voraussetzung für die gesamte Theologie bzw. Philosophie und alle Lehren, die bei euren Bildungsbürgern die Bücherregale füllen und für die sich die Humanisten begeistern. Doch das Menschenrecht ergab sich für uns aus der Natur bzw. natürlichen Schöpfung. Nicht aus humanistischen Vorstellungen oder aus alten Mythen. Und diese natürliche Vernunft ging weit über die bei euch heute in diesem Zusammenhang oft gestellten Fragen im Zusammenhang mit Ehe bzw. Sexualität hinaus. Aber was soll ich euch das immer wieder erklären. Im Rahmen der Ökologie, die wie auch sonstige natürliche Vorgaben letztlich bestimmen, was Recht bzw. richtig ist, müsste euch das doch längst klar sein.

Und dass bei uns die Theologie der Vernunft selbst in den Theaterspielen zu beobachten ist, das erklärt ihr selbst. Z.B. wenn ihr zeigt, wie Soklophes in Antigone die menschliche Autonomie gegen andere Wesenheiten auftreten ließ. Wem muss der Mensch in seiner Moral folgen? Sind es allein die Meinungen einer sinnlosen Mehrheit? Oder ergibt sich ein Recht aus der ganz natürlichen Schöpfung bzw. dem, was danach ausdiskutiert und von mündiger Mehrheit als vernünftig für die nächste Generation zu erkennen ist? Das waren die Fragen unseres theologischen Theaters, das in kreativer Vernunft begründet war: Wo damit der dann zum Christus gewordene Logos bereits die Hauptrolle spielte.

Wer sich als ganz natürliches Geschöpf versteht, der versteht auch den Schöpfer der uns galt. Und wer nicht mehr auf eine schöpferische Bestimmung hört, der hörte für uns auf ein menschliches Geschöpf zu sein. Entschuldigt daher, wenn ich recht polemisch auftrat. Doch nur wer kräftig rüttelt, macht Tode lebendig.

Wobei ja noch Hoffnung auf den Heiland besteht, der bereits zu unserer Zeit galt bzw. die kranken Geister ersetzte, den veralteten Lehren den Teufel austrieb. So hat ja auch euer Papst Franziskus anlässlich des Weihnachtsempfanges 2014 für die Leiter der römischen Kurie nicht von Tod gesprochen, sondern einer „Krankheit der Kirche“.  Denn mit dem Vergleich einer sich nicht erneuernden, nicht besser werdenden Kirche mit einem kranken Körper: „Alzheimer, Schizophrenie und Geschwätzigkeit“, hat er nicht nur wie seit Luther nicht mehr die Moral von Kirchenmännern angemahnt. Vielmehr hat er damit, wie der Reformator aufgefordert, sich auf neue Weise auch über die Inhalte klar zu werden, die am Anfang galten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Die Gesamtschau heute gegebenen Wissens über das Denken der Zeit Jesus lässt erkennen, dass am Anfang kein junger Guru stand, wie er leider nach wie vor noch Gegenstand theologisch-geschichtlicher Wissenschaft, des Glaubens und Weltbildes ist, sondern sehr vielfältige neumonotheistische Lehren. Die eindeutig den im antiken Denken definierten Logos zum theologischen Thema hatten und über das Wesen dieser nun auf natürliche/vernünftige Weise, in universalen Gesetzen erklärten kreativen Wirklichkeit/Vernünftigkeit (in Kosmos und Kultur) stritten. Wofür auch in den Kulttexten, ob Kanon oder Koran (wo erstmals der Jesusname bzw. Isis und seine Mutter ins Spiel kamen) vielfältige Hoheitsbezeichnungen gebraucht wurden. All dies belegen auch die historische Kritik der Bibel sowie deren heute dargelegten theologischen Bedeutungsaussagen. Nach denen es auch den Verfassern der biblischen Texte um die schöpferische Funktion des Logos  bzw. die Heilswirkung der Vernunft ging.

Die Geschichte und insbesondere die antike Aufklärung zeigt, wie sich auch heute allein durch die Verneinung der alten Gottesbilder-/vorstellungen die Probleme des Glaubens nicht lösen lassen. Wie sonst Traditionshörigkeit oder willkürliche Textauslegung und der Terror im Namen von Nationalgöttern eher zunimmt. Daher neben der durch die naturwissenschaftliche Aufklärung gegebenen vernünftigen Erklärung des Kosmos auch die vernünftige Erklärung der verschiedenen Kultpersonen bzw. des Kultes notwendig ist, um die Menschen zur gemeinsamen Vernunft zu bringen. Weil ohne die Aufklärung der geistesgeschichtlichen Wurzeln in einer Vernunft, die hinter den Gründergestalten von Judentum, Christentum oder Islam steht, alle gutgemeinten Toleranz- und Friedensapelle leere religiöse Reden bleiben. Denn solange die zugrunde liegende Vernunft nicht wissenschaftlich bedacht wird, sich die Christen auf einen Wanderguru und biblische Buchstaben berufen, brauchen sie sich nicht zu wundern, wenn im Namen im Namen von Koran, Allah oder Mohammed gemordet wird.

Um die für Seneca & Co. maßgebende und heute zu definierende Weltvernunft bedenken zu können, die auch der Person des Mohammed zugrunde liegt, wie sie nach heutiger Wissenschaft aus anfänglicher Christologiedebatte als arianisch-orientalischer Ausläufer hervorging, muss erst die christliche Person von der Karikatur eines hochgejubelten jüdischen Heilspredigers befreit werden.

(Warum es heute Schwachsinn ist, auch noch orientalischen Denkern einen Junghandwerker unterstellen zu wollen, den sie als Wort sahen und dessen Mutter sie im Koran messianischer beschrieben, als die Kirche, an anderer Stelle.)

Wenn hier von einer christlichen „Person“ gesprochen wird, dann geht es durchaus um ein Vernunftwesen. Auch wenn das keine zwei Beine hatte. Es geht um die Maske, besser Rolle/Aufgabe, die die menschliche Ausdrucksweise von Vernunft nach antiker Aufklärung (Erklärung des kosmischen Werdens, ebenso wie der Kultgestalten in Vernunft) brauchte. Hierbei handelt es sich um eine Wirklichkeit, die vorher auf mythische Weise zur Welt gebracht wurde und dann Gestalten mit menschlichem Gesicht notwendig machte, wie wir sie aus der Geschichte bzw. den Kult(ur)geschichten kennen. Was daher kein Versteckspiel, sondern ganz logische Vernunftentwicklung war. Die in Kirche und Koran verschiedene Weg nahm, sich  über die Remythologisierung des Mittelalters und die Verschriftung der Neuzeit bis zur heutigen Heilsprediger-Hypothese fortsetzte. Wobei diese ohne den Verstand der ihr zugrunde liegenden Vernunftwirklichkeit das Gegenteil von Weltvernunft ist und bewirkt.

Die Vernunft, nach der die gesamte Welt, wie die menschliche Kultur und alle Verhaltensweisen zur Zeit Jesus erklärt wurden – kein junger Guru - waren nachweislich der Grund des dann götterfreien Kultes. Die verschiedenen Erneuerungsbewegungen, die später „christlich“ genannt wurden und deren Anhänger teils unter Verlust ihres Lebens den vielzähligen Nationalgottheiten den Dienst verweigerten, sprachen von der universalen, endgültigen „Offenbarung“ des Vätergottes, in dem die Götterbilder, wie jüdische Traditions-Gesetzlichkeit aufgingen.  Doch diese Offenbarung geschah so, wie damals alle Lehren über ein schöpfungsgemäßes, glückliches Leben in menschlicher Kultur: Im Licht der Vernunft und nicht durch einen egal wie gearteten Heilsprediger, der dann später gar zu Mohammed gemacht geworden sein soll.

Der Blick auf die antike Realität belegt, wie kein junger Jude, sondern die Vernunft im Zeitenwandel nach und nach die kulturelle Rolle/Aufgabe (Person) der menschlichen Götter sowie ihrer Kaiser übernehmen musste. Damit kein Guru, sondern die Vernunft auch an Stelle taub gewordener jüdischer Tempeltradition bzw. Traditionsgesetzlichkeit trat, um so als Josua, lat. Jesus Geschichte zu machen. Und wie damit Jesus Christus eine kulturvernünftige Wirk-lichkeit und kein doketistisches Scheinwesen war. Als das heute der angeblich historische Jesus dann als hoheitlicher Christus hingestellt wird. (Was für die aufgeklärte Welt nur noch Lächerlichkeit, statt Logos ist.)

Bisher wurde der hoheitliche Christus nicht nur bei Bultmann völlig neben einen historischen Jesus gestellt. Die gesamte heutige Forschung geht von einem Heilsprediger und dessen hoheitlicher Verherrlichung oder dogmatischer Hoheit aus. Doch weder ein Wanderradikaler, noch einem diesem ausgesetzte Christologie hätte damals Bedeutung gehabt. Sie können auch im Denken heutiger Aufklärung keine kulturtragende Rolle spielen. Hier wird daher nicht nur der Grund der Christologie in einer Vernunftwirklichkeit beschrieben, die heute als das zu definieren wäre, was nach bestem Wissen zukunfts- bzw. weltvernünftig ist. Auch in der historischen Person (kulturgerechten Ausdrucksweise nach zeitgemäßem Verständnis) wird die hoheitliche Aufgabe bzw. ihre Bedeutung für die erneut aufgeklärte Kultur von Morgen deutlich gemacht.

Gerade an Seneca lässt sich ablesen, welche Bedeutung die Vernunft vor 2000 Jahren im gesamten griechischen-römischem Raum für den Kulturwandel und die Entstehung des Christentums hatte. Auch welche Heilswirkung bereits die Hellenisten von der aus natürlichem Werden abgeleiteten und menschlich maßgebenden Vernunft (Logos) erwarteten. Und wie diese sinnvolle Logik der kreativen (schöpferischen) Natur- und Kulturentwicklung bzw. Weltvernunft als ewiges Wort (hebr. Vernunfthandlung) dann Grund des neuen, götterfreien christlichen Monotheismus wurde, der so für Juden und Griechen galt. Damit wird klar, wie es am Anfang nicht um einen Wanderprediger oder -philosophen ging, sondern eine auf die Zukunft des Ganzen und damit auch das persönliche Glück oder die Gesundheit bezogene Vernunft. Eine Vernünftigkeit, die heute z.B. auf Weltkonferenzen diskutiert sowie vergeblich eingefordert wird (nicht nur wenn es ums Klima geht).  

Was die historische Kritik der christlichen Lehre heute als Lug und Trug ansieht, zeigt sich damit als geschichtliche Logik (kreative Vernunft) in Kultur- bzw. Theologiegeschichte. Die derzeit noch einen Wanderradikalen voraussetzende theologische Wissenschaft muss die Kritik übergehen oder im Grunde bestätigen. Während sie nachdenkt, welche religiösen Gefühle (für Kritiker Halluzinationen oder freie kirchliche Fiktionen) dazu führten, in einem jungen Juden den Heiland zu sehen, wird hier die Heilswirkung dargelegt, die in realgeschichtlicher Entwicklung von der menschlich, kulturgerechten Ausdrucksweise von Vernunft ausging. 

Seneca bzw. das Denken der Zeitenwende verdeutlich damit nicht nur, wie völlig wahnsinnig es ist,  die damals rationalistisch bedachte bzw. ausdiskutierte Vernunft, in der Reformjuden Alexandriens, wie griechisch-römische Denker einen Monotheismus und letztlich alle philosophischen Tugend-, Sitten-, Verhaltenslehren begründeten, mit einem Wanderphilosophen als fleischgewordenen Logos/lebendiges Wort oder Weisheit in Person in Verbindung bringen zu wollen. Sondern wie vielmehr die Fleischwerdung bzw. menschliche Ausdrucksweise (Person) der im natürlichen Werden, sowie der Kultur begründeten philosophisch-theologischen Natur-/Vernunftlehre die geschichtliche Logik war.

Die Seneca auch selbst zu Wort kommen lassende Überlegungen wollen nicht belehren, sondern sollen Anstoß geben, selbst einen Blick in die Zeit Jesus zu werfen, Bücher über die griechische Philosophie, den Neuplatonismus, die Stoa oder Augustus & Co. zu lesen. Aber auch über den Bezug der damaligen Reformjuden oder des anfänglichen Christentums zur griechischen Weisheit. Um dabei das heute gegebene, vielfältige Wissen über das antike Denken und Diskutieren auf völlig neue Weise auszuwerten

1.1.11. Kurzschluss kippt den vernünftigen Grund westlicher Kultur aus

DiW Während die Glaubenskritiker an Seneca nachweisen wollen, dass die christliche Lehre Lug und Trug ist, es keinen historischen Jesus gab, sondern sich das Christentum aus antiken Denkmodellen wie der Stoa herausgebildet hat (z.B. http://www.jesusneverexisted.com/seneca.), lässt sich an Seneca die Logik des historischen Wesens nachvollziehen. Alles, was die verschiedenen Spielarten der Kritik ans Tageslicht bringen, verweist darauf, dass die Vernunft das christliche Wesen, Thema der ursprünglichen Theologie/Christologie war. Dass sich von einem Menschen mit Namen Jesus in der biblisch beschriebenen Bedeutung historisch nichts finden lässt, ist logisch und selbst in heutiger Hochschullehre eingepreist. Auch wenn die sinnloserweise trotzdem weiter einen Wanderprediger mit Namen Jesus für historisch hält. Wie sollte sich der Name Jesus in der unter Philo bekannten Logos-Christologie Alexandriens, die bekanntlich bis in die späten Konzile in Diskussion stand, in sonstigen in Konkurrenz stehenden urchristlichen Lehren oder gar heute als heidnisch geltenden Berichten finden lassen? Wenn der doch selbst in den anfänglichen Kultlestexten (Evangelien oder Brieftheologien) nicht vorkam, die die Kirche für ihren Kanon aufgriff. Er dort erst wahrscheinlich seit Luther und Melanchthon (der sich die dabei auf die jüdischen Weisheitslerhen berief) in dieser eindeutigen Form zu lesen ist? An Seneca zeigt sich, wie die aufs kreative Ganze bezogene Vernunft zur sog. Zeit Jesus das gesamte Denken bestimmte, damit auch den philosophischen Monotheismus und dessen Verhaltenslehren. Ein Monotheismus und davon ausgehende Lebenslehren, wie sie dann auch den verschiedenen Bewegungen eines götterfreien Christus-Kultes galten und im Neuen Testament nachzublättern sind. So offenbart sich die Logik in Kulturentwicklung, wonach es beim geschichtlichen Grund christlichen Glaubens um den philosophisch/theologische bedachten Logos bzw. die aus den Prinzipien natürlichen Werdens abgeleitete, auf die Zukunft der Gesamtheit und damit des wahren persönlichen Glückes bezogene Vernunft ging. Und dass die Hypothese von einem hellenisierten, als ewiges Wort, Weisheit, Weltvernunft hingestellten oder gar geltenden Heilspredigers aufgrund des heutigen Wissens ganz und gar unhaltbar ist: In natürlich-kreativer Kulturentwicklung nichts unlogischer wäre, als in einem Prediger oder Philosophen selbst die Vernunft zu sehen, in die die antike Hochzivilisation alle Hoffnung setzte, ihr hoch und heilig war. Und wie die Vergötterung eines egal wie gestrickten Charismatikers, wie er heute Gegenstand theologischer Wissenschaft und selbst der Kritik ist, sich völlig ausschließt.